Sonderrechte für Geimpfte? Gastwirte dürfen Impfpass verlangen

Einlass nur mit Impfpass? Nach der aktuellen Rechtslage ist das möglich – Foto: ©AntonioDiaz - stock.adobe.com
Noch bevor die ersten COVID-19-Impfstoffe zugelassen waren, tauchte die Frage nach einer Zweiklassengesellschaft auf. Denn über kurz oder lang wird es geimpfte und ungeimpfte Menschen in Deutschland geben. Dass Geimpfte künftig Sonderrechte genießen könnten, wird von Politikern gerne brüskiert zurückgewiesen, oft begründet dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz und dem Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Doch bedeutet dieser Grundsatz auch, dass ein Restaurantbesitzer jeden Hungrigen bewirten muss? Oder ein Hotelier keinen Herbergssuchenden zurückweisen darf?
Pflicht zur Gleichbehandlung ist nicht unendlich
„So weit geht die Pflicht zur Gleichbehandlung nicht“, sagt Rechtsanwalt Dr. Uwe Schlegel aus Essen. Der Gastwirt und der Hotelier seien nämlich prinzipiell frei in ihrer Entscheidung, wen sie bewirten oder beherbergen. Folglich gilt: „Gastwirte und Hoteliers dürfen nach aktueller Rechtslage einen Impfpass verlangen“, so der Anwalt. Die aktuelle Rechtslage sei hier eindeutig. „Es entspricht einer allgemeinen rechtlichen Überzeugung, dass im Rechtsverkehr ohne Beteiligung der öffentlichen Hand die Vertragsparteien frei darin sind, eine Vereinbarung zu treffen oder nicht“, so Schlegel. „Anderslautende Äußerungen aus der Politik können beruhigt vernachlässigt werden.“
Unternehmer können also nicht gezwungen werden, einen Vertrag mit jemandem abzuschließen. Die australische Fluggesellschaft Qantas etwa, hatte im November angekündigt künftig nur noch Geimpfte Passagieren den Zutritt an Bord zu gewähren. Theoretisch könnte auch der Einzelhandel von seiner unternehmerischen Freiheit Gebrauch machen, ein Kino oder ein Theater. Der Türsteher vor der Disko macht ja schon immer von seinem Hausrecht Gebrauch.
Es gibt kein Grundrecht auf einen Restaurantbesuch
Eine Pflicht zum Vertragsabschluss einen sogenannten Kontrahierungszwang gibt es Anwalt Schegel zufolge nur in ganz seltenen Fällen. Etwa im Bereich öffentlicher Daseinsvorsorge wie beim Bezug von Elektrizität oder Wasser. Doch ein Abendessen im Restaurant oder eine Übernachtung in einem Hotel ist keine öffentliche Daseinsvorsorge. „Der gegen das Coronavirus nicht Geimpfte wird sich auf einen solchen Zwang zum Vertragsabschluss sicher nicht berufen können“, so Schlegel.
Ob Gaststätten oder Hotels von ihrem Recht Gebrauch machen werden, ungeimpfte Gäste zurückzuweisen, steht auf einem anderen Blatt. Die Gastronomie gehört wegen der endlosen Lockdowns zu den Verlierern der Krise. Laut Statistischem Bundesamt verzeichnete die Branche allein zwischen März und August eine Umsatzeinbuße von 40 Prozent.
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