Covid-19-Impfzentren für Hochaltrige nur schwer zu erreichen

Wie sollen Hochbetagte, alleinlebende Menschen zum Impfzentrum gelangen, fragen Altersmediziner – Foto: ©thodonal - stock.adobe.com
Mehr als 71 Prozent der Hochaltrigen (ab 80) möchte sich gern gegen Covid-19 impfen lassen. Doch nur ein Viertel der Impfwilligen sieht sich in der Lage, die Impfzentren eigenständig aufzusuchen. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) unter geriatrischen Klinikpatienten.
"Die Logistik ist für die Hauptzielgruppe der hochaltrigen Patienten der ersten Impfkohorte nicht durchdacht", kritisiert DGG-Präsident Prof. Hans Jürgen Heppner, Chefarzt der Klinik für Geriatrie am Helios Klinikum Schwelm und Lehrstuhlinhaber für Geriatrie an der Universität Witten/Herdecke.
Anmeldung und Anfahrt nahezu unlösbare Aufgabe
"Die Anmeldung für die Impfung, die Erreichbarkeit der Impfzentren sowie die erforderliche Mobilität stellt viele in der derzeit wichtigsten Zielgruppe der Impfstrategie vor eine nahezu unlösbare Aufgabe."
Es gelte zügig effektive Möglichkeiten zu schaffen, die alten Menschen bei der Terminvereinbarung und dem Transport in die Impfzentren zu unterstützen, fordert daher die Koordinatorin der Umfrage, Prof. Petra Benzinger von der Universität Heidelberg.
Covid-19-Impfzentren für Hochaltrige nur schwer zu erreichen
Die Covid-19-Impfzentren sind für Hochaltrige nur schwer zu erreichen, das Problem sieht auch Prof. Clemens Becker, Chefarzt der Geriatrie am Robert-Bosch-Krankenhaus in Stuttgart und Experte für Mobilität im Alter: "Während die Bewohner von Pflegeheimen bereits geimpft werden, überlegt der Großteil der Zielgruppe 80+ zu Hause, wie sie die Impfung wohl bekommen kann. Viele der Impfzentren scheinen noch nicht einmal barrierefrei gestaltet zu sein. Das ist ein echtes Problem."
Hausärzte impfen derzeit noch nicht gegen Covid-19. Transport und Mischung des Impfstoffes ist zu kompliziert, als das gegenwärtig kleinere Mengen in die Hausarztpraxen abgegeben werden können.
Familiäre oder nachbarschaftliche Hilfe nötig
Daher wird es vor allem auf familiäre und nachbarschaftliche Hilfe ankommen. "Auch die Unterstützung durch Wohlfahrtsverbände, Kirchen und ehrenamtliche Begleiter ist denkbar und wäre wichtig für das Gelingen der Impfstrategie in Deutschland", so Petra Benzinger. Ferner sollten auf kommunaler Ebene ergänzende Impfangebote für die Gruppe der noch selbstständig lebenden, hochbetagten Menschen entwickelt werden.
Derzeit fahren hunderte mobiler Impfteams in Pflegeheime, um dort Bewohner sowie Mitarbeiter zu impfen. "Warum sollten diese Teams nicht in den nächsten Wochen Hausbesuche durchführen", überlegt DGG-Präsident Heppner. Eine Aufklärung über Risiken und Nebenwirkungen könne im Vorfeld schriftlich oder mit Hilfe eines kurzen Films erfolgen. "Wer dann noch Fragen hat, kann diese direkt stellen. Nicht jeder Impfwillige muss noch einmal einzeln lang und breit aufgeklärt werden", ist Heppner überzeugt. Die Geriater seien bereit, die Impfungen gegen Corona aktiv zu unterstützen.
Wer an der Umfrage teilnahm
Befragt wurden 118 Personen (72 Prozent weiblich) vom 18. bis 22. Dezember 2020 im Geriatrischen Zentrum der Universität Heidelberg und Agaplesion Bethanien Krankenhaus, Heidelberg; Robert-Bosch Krankenhaus, Stuttgart; Agaplesion Bethesda Klinik, Ulm; Marienhospital Herne der Ruhr-Universität Bochum, Charité – Universitätsklinikum Berlin.
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