Natürliche Geburt nach Kaiserschnitt – geht das?

Eine natürliche Geburt ist auch möglich, wenn die Frau schon mal einen Kaiserschnitt hatte. Es gibt aber Ausnahmen – Foto: Marco - Fotolia
Die meisten Schwangeren wünschen sich eine natürliche Geburt. Doch inzwischen ist jede dritte Entbindung ein Kaiserschnitt. Dahinter stecken meist die Ärzte, wie eine Untersuchung der Bertelsmann Stiftung aus 2012 zeigte. Danach gibt es in Deutschland kein einheitliches Vorgehen, wann das Kind mit einer Sectio geholt werden muss. Entsprechend groß sind die regionalen Unterschiede. Insbesondere wenn eine Frau bereits einen oder mehrere Kaiserschnitte hatten, raten Ärzte oft von einer natürlichen Geburt ab. Begründet wird dies mit dem Risiko einer Ruptur der Gebärmutter.
Plädoyer für die natürliche Geburt
Die Gynäkologin Dr. Bärbel Basters-Hoffmann, Kreißsaal-Oberärztin im St. Elisabethen-Krankenhaus Lörrach, hält diese Angst jedoch für übertrieben. „Selbst nach mehreren Kaiserschnittgeburten erhöht sich das Risiko nur um etwa bis zu zwei Prozent“, betont sie. In der Fachzeitschrift „Die Hebamme" plädiert sie dafür, Schwangere in ihrem Wunsch nach einer natürlichen Geburt zu bestärken. Ein zweiter Kaiserschnitt sei nicht zwingend, sagte sie mit Verweis auf die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, die das genauso sehen.
Ein weiterer Kaiserschnitt ist der Gynäkologin zufolge dann angebracht, wenn anatomische Gegebenheiten, die die erste Geburt unmöglich gemacht haben, fortbestehen. Riskant seien auch ein sehr kurzer Abstand von weniger als einem Jahr zur Sectio, bestimmte Schnittführungen und auch eine vorangegangene Ruptur der Gebärmutter. Doch diese Risiken treffen eben nicht auf alle Frauen zu. „In der Mehrzahl der Fälle ist es gut zu verantworten, eine Spontangeburt zu versuchen“, so Basters-Hoffmann.
Nur wenige Risikokonstellationen sprechen für einen erneuten Kaiserschnitt
Zahlen aus dem Freiburger Diakonie-Krankenhaus zeigen, dass es auch natürlich geht. So wurde im Jahr 2014 nur bei einem Viertel der betroffenen Schwangeren ein weiterer Kaiserschnitt geplant. Bei den übrigen Frauen wurde eine Spontangeburt angestrebt, was bei über der Hälfte auch gelang. Zu einem Notkaiserschnitt kam es in nur zwei Prozent der Fälle. Laut Leitlinien soll eine Spontangeburt nach vorausgegangenem Kaiserschnitt aber nur dann erfolgen, wenn eine genaue Überwachungsmöglichkeit vorhanden ist und jederzeit ein Kaiserschnitt vorgenommen werden kann. Geburtshäuser oder Heimgeburten sind danach tabu.
Jede Geburt braucht seine Zeit
Damit mehr Frauen die Chance auf eine natürliche Geburt bekommen, sollten Ärzte umdenken, fordert die Gynäkologin, und zwar schon beim ersten Kind. So könne der Kreislauf aus Sectio und Re-sectio vermieden werden. . „Oft sind es erst die Maßnahmen in der Klinik, die die Indikation für einen Kaiserschnitt herbeiführen", kritisiert die Frauenärztin. Geburten würden zum Beispiel oft künstlich eingeleitet, weil der Geburtstermin überschritten sei. Wenn Ärzte dann den Geburtsbeginn für zu lange einschätzen, werde zu schnell die Diagnose einer „protrahierten“ Geburt gestellt, die dann zum Kaiserschnitt führe. „Dabei gibt es aber gar keine allgemeingültigen Zahlen zur idealen Dauer einer Geburt“, betont Dr. Basters-Hoffmann. Etwas mehr Geduld bei den Ärzten sei angebracht, um den Müttern ausreichend Zeit für den individuell so verschiedenen Geburtsvorgang zu geben.
Ein ausführlicher Artikel zum Thema ist von Bärbel Basters-Hoffmann in der Fachzeitschrift „Die Hebamme" erschienen.
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