Jede dritte Geburt ein Kaiserschnitt

In manchen Situationen ist ein Kaiserschnitt unumgänglich
Es ist nur eine Statistik. Trotzdem sagt der Faktencheck Gesundheit der Bertelsmann Stiftung viel darüber aus, dass die Risikobewertung von Ärzten in Deutschland höchst unterschiedlich ist. In Teilen von Rheinland-Pfalz, Bayern und Niedersachsen liegt demnach die Kaiserschnitt-Rate zum Teil weit über 40 Prozent, in mehreren Gebieten in den Neuen Bundesländern hingegen unter 20 Prozent. So kommen in Dresden beispielsweise nur 17 Prozent der Babys per Kaiserschnitt auf die Welt. In Landau in der Pfalz sind es fast drei Mal so viele (51 Prozent). „Es gibt in Deutschland kein einheitliches Vorgehen bei der Entscheidung darüber, ob ein Kaiserschnitt notwendig ist oder nicht“, sagt Stefan Etgeton, Gesundheitsexperte der Bertelsmann Stiftung. Andere bisher häufig genannte Begründungen, wie das steigende Alter der Mütter oder der explizite Wunsch der Eltern nach einem Kaiserschnitt spielten dagegen nur eine untergeordnete Rolle.
Kaiserschnitt: ärztliche Ermessenspielraum wird unterschiedlich genutzt
Es gebe selbstverständlich Situationen, in denen ein Kaiserschnitt unumgänglich sei, um das Leben von Mutter und Kind zu schützen“, erklärt Prof. Petra Kolip, Gesundheitswissenschaftlerin und Mitautorin der Bertelsmann-Studie. „In den meisten Fällen haben die Ärzte jedoch einen Ermessensspielraum, der offensichtlich ganz unterschiedlich genutzt wird.“ Selbst bei Risikosituationen wie Beckenendlage, Zwillingsgeburt oder einem vorherigen Kaiserschnitt, bei denen eine natürliche Geburt im Prinzip möglich sei, werde trotzdem sehr häufig ein Kaiserschnitt durchgeführt. Nach Ansicht der Gesundheitswissenschaftlerin gibt es in vielen Kliniken immer weniger Erfahrung mit komplizierteren natürlichen Geburten. Haftungsfragen dürften ebenfalls eine Rolle dabei spielen, dass immer häufiger für einen geplanten Kaiserschnitt entschieden wird. Nicht zuletzt geben die medizinischen Leitlinien Ärzten oft nicht ausreichend Orientierung und müssten eindeutiger formuliert sein, meint Kolip.
Der Faktencheck Gesundheit der Bertelsmann Stiftung basiert auf repräsentativen Analysen der Daten des Statistischen Bundesamtes und der Versicherten-Daten der BARMER GEK aus den Jahren 2007 bis 2010 sowie einer zusätzlichen Versichertenbefragung. Die Kaiserschnitt-Häufigkeiten sind auf www.faktencheck-kaiserschnitt.de veröffentlicht.
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