Wie kann das Gesundheitssystem nachhaltig werden?

– Foto: Adobe Stock/Petair
Wie kann das Gesundheitssystem nachhaltig werden? Das diskutierten Experten auf dem Kongress Demografie & Nachhaltigkeit gestern in Berlin. Entsprechende Maßnahmen seien teuer und wenig ertragreich, meint Prof. Bertram Häussler, Geschäftsführer des IGES Instituts Berlin. Viele kleine Schritte führten zum Erfolg, so sieht es der Internist und Notfallmediziner Dr. Peter Bobbert, Oberarzt am Evangelischen Krankenhaus Hubertus und Präsident der Berliner Ärztekammer.
Häussler untersuchte, ob und wie sich die CO2-Ausstoß des Gesundheitssystems senken lasse. Dieser macht 5 Prozent der gesamten deutschen CO2-Emmissionen aus. Dabei konzentrierte er sich auf die Gebäude (Krankenhäuser und Praxen), die für 30 Prozent der Emmissionen verantwortlich sind. Die restlichen 70 Prozent entfallen auf Großküche, Logistik, Waren-Einkäufe und weitere Faktoren. Die ließ er außer acht, da sie jeweils zu klein seien, als dass eine Neujustierung eine Wirkung entfalten könne.
Weniger Krankenhausbetten, bis zu 67 Prozent weniger CO2
Nun rechnete er vor, wieviel CO2 sich durch verschiedene Maßnahmen sparen ließe: Eine Kapazitätsverkleinerung - also weniger Betten - würde bis zu 67 Prozent der Klimagase vermeiden. Dazu muss man wissen: Deutschland liegt bei der Zahl der Krankenhausbetten EU-weit an der Spitze.
Eine Verlagerung von stationären zu ambulanten Behandlungen würde 3 bis 10 Prozent weniger Klimagase bedeuten, eine energetische Sanierung bestehender Gebäude 5 bis 40 Prozent, energieeffizientere Neubauten 75 Prozent weniger schädliche Klimagase. Neu zu bauen würde indes bis zu 150 Milliarden kosten, die energetische Sanierung bis zu 60 Milliarden, die Verlagerung ins Ambulante bis zu 5 Milliarden.
Sein Fazit: Die Baulichkeiten der Gesundheitswirtschaft machten mit 1,8 Prozent einen so geringen Anteil am globalen CO2-Ausstoß aus, dass der Aufwand kaum lohne. Abgesehen von den betroffenen Institutionen: Auch von Appellen an die Bürger - Maske tragen, Energie sparen - hält er wenig. "Das sorgt irgendwann für schlechte Stimmung und die Leute machen nicht mehr mit. Man muss gucken, wo es sich lohnt und wo man sich verkämpft."
Für mehr Nachhaltigkeit sind Verantwortliche wichtig
Es lohnt sich, ist hingegen Dr. Peter Bobbert überzeugt. Er plädiert für die vielen kleinen Schritte, die letztlich zu einem Erfolg führen könnten. Vor fünf Jahren sei Nachhaltigkeit in der Ärzteschaft noch kein Thema gewesen, nun hätte sich sogar der Ärztetag damit beschäftigt. Danach war der Auftrag klar: Das Gesundheitswesen darf den Klimawandel nicht befördern. Und wir müssen mit den Folgen des Klimawandels leben und die Menschen entsprechend versorgen, so der Mediziner.
Um Prozesse anzustoßen sei es wichtig, Verantwortliche zu benennen. So gibt es am Hubertus-Krankenhaus einen Klimabeauftragten, der sich um Lebensmittel, Transport und andere Bereiche kümmert. In der Anästhesie habe man begonnen, andere, weniger klimaschädliche Gase einzusetzen. "Wissen und Bereitschaft für Veränderungen steigen von Tag zu Tag", sagt Peter Bobbert.
Ein Glas Wasser gegen den Hitzetod
Um dem Klimawandel zu begegnen hat Bobbert 2022 das Aktionsbündnis Hitzeschutz gegründet, das sich für die bessere Versorgung älterer Menschen in Hitzeperioden engagiert. Denn ein verschwiegenes Problem seien die vielen Hitzetoten. "Die sterben im Stillen", sagt der Internist. Dagegen gibt es ein einfaches Rezept: Senioren regelmäßig Wasser anbieten. Dafür soll sich das Pflegepersonal dann auch Zeit nehmen können.