Drei Monate nach Booster keine Antikörper gegen Omikron mehr
Die Omikron-Infektionswelle im ersten Halbjahr wurde von den beiden Omikron-Varianten BA.1 und BA.2 dominiert. Corona-Impfungen schützten viele zwar vor schweren Verläufen, doch nicht vor Ansteckung. Eine Laborstudie der Frankfurter Virologin Sandra Ciesek zeigt nun, warum das so ist: Vorhandene Antikörper – sei es durch Impfung oder natürliche Infektion – verlieren gegen diese beiden Varianten schnell ihr neutralisierende Wirkung.
Blutseren im Labor den Omikron-Varianten ausgesetzt
In der Studie hatten die Forschenden der Frankfurter Goethe Universität Blutproben von Menschen untersucht, die zweimal oder dreimal geimpft waren sowie Covid-Genesene. An den Blutproben wurde gemessen, wie lange die im Blut enthaltenen Antikörper nach einer Impfung oder überstandenen Erkrankung die Virusvarianten Omikron BA.1 und BA.2 noch neutralisieren konnten. Im Labor gaben die Forscher das Blutserum (flüssiger Blutbestandteil), der Antikörper enthält, zusammen mit SARS-CoV-2-Viren auf kultivierte Zellen und beobachteten, wie viele der Zellen infiziert wurden. Außerdem bestimmten sie jeweils die Menge der Antikörper in den Proben, die das Spike-Protein erkannten.
Nur drei Monate nach Booster keine Schutzwirkung mehr
Die Ergebnisesse waren wenig überraschend: Sechs Monate nach der zweiten Impfung hatte die Zahl der Antikörper bereits so stark abgenommen, dass die Blutseren die Coronaviren nicht mehr neutralisieren konnten. Die Schutzwirkung des Boosters war sogar schon nach drei Monaten praktisch nicht mehr vorhanden. „Dies liegt daran, dass der Antikörpertiter im Serum – sozusagen die Menge der Antikörper – nach einer Impfung oder Infektion im Laufe der Zeit abnimmt“, erklärt Dr. Marek Widera in einer Pressemitteilung. „Weil die Antikörper neuere Virusvarianten deutlich schlechter erkennen, reicht ein niedrigerer Antikörperspiegel dann nicht mehr aus, um die Virusvarianten zu neutralisieren und eine Infektion der Zellen in Zellkultur zu verhindern.“
Problematische Ergebnisse auch bei der Antikörpertherapie
Die kurze Schutzwirkung gilt demnach auch für monoklonale Antikörper, die Risiko-Patienten vorbeugend verabreicht werden. Drei solcher Präparate haben die Forscher im Labor untersucht und gesehen, dass sie ihre Wirksamkeit sehr stark von der Virusvariante abhängt. Das seien problematische Ergebnisse, meint Prof. Sandra Ciesek. „Damit wir vulnerable Patientinnen und Patienten mit solchen Präparaten schützen können, ist es daher dringend erforderlich auch am Patienten zu testen, inwieweit solche Antikörper aktuell verbreitete Virusvarianten neutralisieren können,“ schägt die Direktorin des Instituts für Medizinische Virologie des Universitätsklinikums Frankfurt vor.
In Deutschland seien zwar die in der Studie untersuchten Virusvarianten BA.1 und BA.2 mittlerweile nicht mehr dominant verbreitet, so die Virologin. „Unsere Studie zeigt jedoch, dass wir nicht darin nachlassen dürfen, unsere Schutzmaßnahmen an die genetischen Veränderungen des SARS-CoV-2-Virus anzupassen, derzeit also an die Omikron-Varianten BA.4 und BA.5.“
Die Studienautoren betonen jedoch, dass Daten aus dieser Studie nur Rückschlusse auf die Ansteckungsgefahr zulassen und keine Aussage zum Schutz vor einem schweren Krankheitsverlauf. Denn Antikörper, die hier gemessen wurden, sind nur ein Teil der Immunabwehr.