
Chronische Schmerzen können zermürbend sein; eine fachkundige Behandlung ist daher unbedingt notwendig – Foto: ©fizkes - stock.adobe.com
Schätzungen zufolge leiden zehn bis zwanzig Prozent der Bundesbürger, also etwa 12 Millionen Menschen, unter chronischen Schmerzen. Damit zählen chronische Schmerzen zu den größten Gesundheitsproblemen in Deutschland. Jährlich verursachen sie Kosten in Höhe von 38 Milliarden Euro – allein 28 Milliarden aufgrund von Arbeitsunfähigkeit und Berentung. Zudem schränken chronische Schmerzen die Lebensqualität extrem ein, und das häufig so stark, dass sich Betroffene das Leben nehmen. In einer Studie konnten Forscher nun zeigen, dass fast neun Prozent der Personen, die Suizid begangen haben, chronische Schmerzen in der Vorgeschichte hatten. Die Ergebnisse ihrer Studie veröffentlichten die Wissenschaftler in den „Annals of Internal Medicine“.
Schmerzen können eigenständiger Grund für Suizid sein
Das Forscherteam um Emiko Petrosky vom Center for Disease Control and Prevention (CDC) hatte die Daten von über 120.000 Suiziden ausgewertet. Bei über 10.000 Personen (8,8 Prozent) fanden sich Hinweise auf eine chronische Schmerzerkrankung. Am häufigsten litten die Patienten unter Rückenschmerzen, Schmerzen durch Krebs oder Arthritis. Mehr als die Hälfte hatte sogar mehrere Erkrankungen, die mit Schmerzen einhergingen.
Nicht überraschend war, dass bei vielen Suizid-Opfern auch psychische Erkrankungen eine Rolle spielten. Doch sie waren bei den Schmerzpatienten, die sich das Leben nahmen, nicht häufiger als bei denen ohne Schmerzerkrankung. Alkohol- oder Drogenprobleme, Partnerkonflikte oder eine akute Lebenskrise waren sogar seltener, was dafür spricht, dass die Schmerzen ein wichtiger und eigenständiger Beweggrund für den Suizid waren.
Die Forscher vermuten, dass der Anteil der Menschen, die sich wegen chronischer Schmerzen das Leben nehmen, tatsächlich noch wesentlich höher sein könnte, da nicht alle Menschen über ihre Schmerzprobleme sprechen. In den Abschiedsbriefen, welche den Wissenschaftlern zur Auswertung vorlagen, hatten sogar zwei Drittel der Betroffenen angegeben, dass Schmerzen ein wesentlicher Grund für ihre Tat waren.
Chronische Schmerzen beim Spezialisten behandeln
Von chronischen Schmerzen spricht man, wenn der Schmerz länger als 12 Wochen anhält oder über diesen Zeitraum regelmäßig wiederkehrt. Der chronische Schmerz hat dann häufig seine Funktion als Warnsignal verloren und lässt nicht mehr notwendigerweise eine Zusammenhang mit den ursprünglichen Ursachen erkennen. Chronische Schmerzen gelten daher nicht als Symptom, sondern als eigenständiges Krankheitsbild.
Häufig entwickelt sich bei den Betroffenen auch ein sogenanntes Schmerzgedächtnis. Dabei werden die Nervenzellen durch die ständigen Schmerzreize überempfindlich und reagieren irgendwann auf kleinste, selbst harmlose Reize mit Schmerzsignalen. Deshalb ist es so wichtig, akute Schmerzen angemessen und vor allem rechtzeitig zu behandeln. Sind die Schmerzen bereits chronisch geworden, raten Experten, einen ausgebildeten Schmerzmediziner oder ein Schmerzzentrum aufzusuchen. Allerdings fehlen in Deutschland Schätzungen zufolge Tausende solcher speziell ausgebildeten Ärzte.
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