Bundesgesundheitsminister Lauterbach plant Krankenhaus-Reform

– Foto: Adobe Stock/fivepointsix
Die Behandlung von Patienten in Krankenhäusern soll künftig mehr nach medizinischen und weniger nach ökonomischen Kriterien erfolgen. Das empfiehlt eine 17-köpfige Expertenkommission, die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eingesetzt wurde.
Die Krankenhausreform sieht vor, die Kliniken nach drei neuen Kriterien zu honorieren: Vorhalteleistungen, Versorgungsstufen und Leistungsgruppen. Das Fallpauschalensystem müsse entsprechend weiterentwickelt werden, heißt es in der Empfehlung.
Vorhaltekosten für Personal und Medizintechnik
Künftig solle es einen festen Betrag geben, der die Fixkosten abdeckt. Dazu zählen Kostenfür das Vorhalten von Personal, einer Notaufnahme oder notwendiger Medizintechnik. Mit den Vorhaltekosten werde wirtschaftlicher Druck von den Krankenhäusern genommen, heißt es in einer Pressemitteilung.
Krankenhäuser werden in drei Level eingeteilt
Künftig sollen Krankenhäuser in drei konkrete Level eingeordnet und entsprechend gefördert werden:
Grundversorgung (Level I), also medizinisch und pflegerische Basisversorgung, zum Beispiel grundlegende chirurgische Eingriffe und Notfälle.
Regel- und Schwerpunktversorgung (Level II), also Krankenhäuser, die im Vergleich zur Grundversorgung noch weitere Leistungen anbieten.
Maximalversorgung (Level III), zum Beispiel Universitätskliniken. Für jedes Level sollen einheitliche Mindestvoraussetzungen für apparative, räumliche und personelle Ausstattung gelten.
Die Krankenhäuser des Levels I werden unterteilt in Krankenhäuser, die Notfallversorgung sicherstellen und solche, die integrierte ambulant/stationäre Versorgung anbieten. Krankenhäusern mit integrierter Versorgung soll eine Schlüsselrolle auf dem Weg zur Ambulantisierung im Gesundheitswesen zukommen. Deshalb empfiehlt die Kommission, sie sektorenübergreifend regional zu planen und über Tagespauschalen zu vergüten. Zudem soll durch entsprechende gesetzliche Änderungen ermöglicht werden, dass sie unter pflegerischer Leitung stehen können.
Leistungsgruppe: Was die Kliniken behandeln dürfen
Derzeit behandeln Krankenhäuser gewisse Fälle zu häufig auch ohne passende personelle und technische Ausstattung, etwa Herzinfarkte ohne Linksherzkatheter, Schlaganfälle ohne Stroke Unit oder onkologische Erkrankungen ohne zertifiziertes Krebszentrum. Behandlungen sollen künftig nur noch abgerechnet werden können, wenn dem Krankenhaus die entsprechende Leistungsgruppe zugeteilt wurde. Dafür muss eine bestimmte personelle und apparative Ausstattung vorliegen.
Die Regierungskommission empfiehlt, die Regelungen über 5 Jahre schrittweise einzuführen. Damit bleibt den Krankenhäusern, den Ärztinnen und Ärzten, Krankenkassen und Ländern ausreichend Zeit, sich auf das veränderte Finanzierungssystem einzustellen.
Im Zweifel auch unnötige Operationen
Hintergrund der Reformvorschäge: Krankenhäuser decken ihre laufenden Betriebskosten (Kosten für medizinische Behandlung, Personal, Operationsbedarfe) über Fallpauschalen. Das heißt: Sie erhalten einen fixen Betrag, auch wenn die Behandlung tatsächlich mehr oder weniger gekostet hat. Kosten für Bauten oder bauliche Instandhaltung sind in von den Ländern zu tragen. Dies geschieht nicht flächendeckend in ausreichendem Maße, heißt es weiter in dem Papier.
Durch das Fallpauschalensystem besteht ein Anreiz, sehr viele - im Zweifelsfall auch unnötige - Operationen oder anderweitige Behandlungen durchzuführen, zudem besonders die Fallpauschalen abzurechnen, die besonders lukrativ sind - und Fachbereiche, die weniger lukrativ sind, wie die Kinder- und Jugendmedizin, zu schließen. Darüber hinaus besteht der wirtschaftliche Anreiz, Patienten so früh wie möglich zu entlassen, um durch die Fallpauschale mehr einzunehmen, als die Behandlung gekostet hat ("blutige Entlassung"). Entsprechend hoch ist der wirtschaftliche Druck im System. Im weltweiten Vergleich finanziert Deutschland seine Krankenhäuser damit am stärksten über Leistungs- und Mengenanreize.