Studie: Fleischkonsum in den Industrienationen hat verheerende Folgen

Wegen Klima und Hungersnöten: Nach einer neuen Studie muss der Fleischkonsum in den Industrienationen um mindestens 75 Prozent sinken – Foto: © Guido Thomasi - Fotolia.com
Durch den Krieg in der Ukraine sind weltweit Engpässe für Getreide entstanden. Umso befremdlicher, dass rund die Hälfte der weltweiten Getreideproduktion an Nutztiere verfüttert wird. Hauptnutznieser davon sind die Industrienationen. In der EU verzehrt jeder Bürger pro Jahr 80 Kilogramm Fleisch – in den USA und Australien ist der Fleischkonsum noch höher.
Massentierhaltung gefährdet Ernährung und Klima
Geht das so weiter, wird uns die Erde in Zukunft nicht mehr ernähren können. Zudem wird durch die Massentierhaltung die Umwelt nachhaltig geschädigt. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie der Universität Bonn. Danach müssten die Industrienationen den Verzehr von Fleisch deutlich reduzieren – im Idealfall um mindestens 75 Prozent.
„Würden alle Menschen so viel Fleisch verzehren wie die Europäer oder die Nordamerikaner, würden wir die Klimaziele weit verfehlen, und viele Ökosysteme würden kollabieren“, erklärt Studienautor Prof. Dr. Matin Qaim vom Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) der Universität Bonn. „Wir müssen unseren Konsum daher deutlich senken, idealerweise auf 20 Kilogramm oder weniger jährlich.“
Methan von Wiederkäuern beschleunigt Erderwärmung
In der Übersichtsarbeit zeigen die Forscher unter anderem auf, wie die Nutztierhaltung Klima und Umwelt schädigt. Beispielsweise erzeugen Wiederkäuer Methan, das die Erderwärmung beschleunigt. Tiere setzen zudem nur einen Teil der verfütterten Kalorien in Fleisch um. „Um dieselbe Zahl an Menschen zu ernähren, braucht man bei Fleisch daher entsprechend mehr Fläche. Das geht zu Lasten der Ökosysteme, da weniger Raum für den natürlichen Artenschutz bleibt“, heißt es in dem Bericht.
Das Fazit der Studie lautet jedoch nicht, dass sich die Weltbevölkerung nun komplett vegetarisch oder vegan ernähren sollte. Das würde an einigen Orten der Welt sogar die Ernährung gefährden, vor allem in ärmeren Ländern. „Wenn sich Grasland nicht anders nutzen lässt, ist es daher durchaus sinnvoll, darauf Vieh zu halten“, sagt Forscher Qaim. Gegen eine „schonende Weidehaltung mit nicht zu vielen Tieren“ sei auch aus Umweltsicht wenig einzuwenden. Ohnehin seien nicht die ärmeren Länder das Problem, weil Fleisch dort meist viel seltener auf dem Speiseplan stünde als in den Industrienationen. „Vor allem die reichen Länder müssen daher den Fleischkonsum reduzieren.“
Steuer auf Fleisch wäre gerecht
Wie das gelingen kann? Die Autoren schlagen eine Steuer auf Fleischprodukte vor. Fleisch verursacht demnach hohe Umweltkosten, die sich in den aktuellen Preisen nicht widerspiegeln. „Es wäre durchaus sinnvoll und gerecht, die Konsumentinnen und Konsumenten stärker an diesen Kosten zu beteiligen“, sagen die Studienautoren. Allerdings müsse der Steueraufschlag weit über 20 Prozent betragen, um eine Lenkungswirkung zu entfalten. Und dies sei ziemlich unpopulär.
In der Studie „Meat consumption and sustainability“ werteten die Wissenschaftler den aktuellen Stand der Forschung zu verschiedenen Aspekten des Fleischkonsums aus. Dazu zählen neben den Auswirkungen auf Umwelt und Klima auch Gesundheits- und wirtschaftliche Effekte. Die Ergebnisse erscheinen in der Zeitschrift „Annual Review of Resource Economics.“