Neue Therapie gegen Knie-Arthrose nutzt Künstliche Intelligenz

Lernende Kniebandage soll Bewegung bei Arthrose verbessern
Arthrose ist das Volksleiden der Generation Ü 50 schlechthin. Weil der Gelenkverschleiß mit steigendem Alter zunimmt, leidet jeder vierte Bundesbürger über 50 Jahre und etwa 80 Prozent der über 75-Jährigen an einer Arthrose. Dabei nehmen Gelenke der Wirbelsäule, der Hüften und vor allem das Kniegelenk Schaden, so dass mitunter jeder Schritt schmerzen kann. Altersbedingte Abnutzung ist die Ursache, aber auch Entzündungen auf molekularer Ebene, die im Blut nicht nachweisbar sind, spielen eine Rolle, wie man heute weiß.
Schonende Bewegung ist die beste Therapie bei Arthrose
Eine Therapie, die an den Wurzeln der Verschleißerkrankung ansetzt, gibt es bis heute nicht. Spritzen ins Knie, Akupunktur oder Hausmittel wie Kohlwickel helfen allenfalls kurzfristig, die Schmerzen etwas zu verringern. Ansonsten wird den Patienten zu einer Reduzierung von Übergewicht und Bewegung geraten. Bewegung ist wichtig, weil dadurch die Durchblutung gefördert und so Heilungsprozesse angeregt werden. Doch hier das richtige Maß zu finden, ist gar nicht so einfach. Denn Sport kann auch die Gelenke überlasten. Die Folgen sind noch mehr Schmerzen, weshalb Arthrose-Geplagte oft gerne Bewegung vermeiden.
Bandage warnt vor Überlastung
Dieses Dilemma soll nun eine Kniebandage lösen, die gerade am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit Fördergeldern des Bundes entwickelt wird. In den sogenannten Kniebandage „Anthrokinemat“ ist Künstliche Intelligenz eingebaut, die über Sensoren sämtliche relevanten Daten zur Belastung der Gelenke sammelt und aufs Handy der Betroffenen überträgt.
Die Belastung zu messen, sei die größte Herausforderung des Projekts, meint Professor Thorsten Stein, vom Institut für Sport und Sportwissenschaft (IfSS) des KIT. „Die Sensoren können lediglich Bewegung messen, nicht die Belastung an sich. Bei der Arthrose dürfen die Gelenke aber nicht allzu stark belastet werden – und deshalb müssen wir die Kräfte im Innern des Knies möglichst genau einschätzen können", betont Stein.
Künstliche Intelligenz schätzt die Belastung des Kniegelenks
Zur Lösung dieses Problems nutzen die Forscher Algorithmen des Maschinellen Lernens, das heißt künstliche neuronale Netze. Dabei wird ein Algorithmus mit Bewegungsdaten trainiert: Der Algorithmus lernt im Laufe des Trainingsprozesses automatisch die mit einer Bewegung einhergehenden Kräfte im Knie zu schätzen. Wird die so ermittelte Belastungsgrenze überschritten, wird ein Warnsignal aufs Handy der Nutzer geschickt. Patienten sollen so auch für Folgeschäden sensibilisiert werden, sagt IfSS-Wissenschaftler Professor Stefan Sell.
„Wer an Arthrose leidet, sollte sich am besten jeden Tag eine gewisse Zeit lang intensiv bewegen", rät Sell. Eine übermäßige Belastung wie etwa eine mehrstündige Wanderung könne dagegen für Stress in den geschädigten Gelenken sorgen. „Die intelligente Kniebandage „Anthrokinemat“ soll Arthrose-Patientinnen und -Patienten künftig bei der richtigen Dosierung ihrer alltäglichen Bewegungen unterstützen.“
Foto: IFSS