
Für Arthrose sind die Behandlungsmöglichkeiten bisher gering
Bei Arthrose handelt es sich um eine Verschleißerkrankung der Gelenke. Sie ist die am meisten verbreitete muskuloskelettale Krankheit der Welt und die Hauptursache für entsprechende Behinderungen. Bei der Erkrankung werden die elastischen Knorpelschichten angegriffen, welche die Knochenenden umgeben. Diese „Polster“ werden rau, rissig und dünner. Der Knorpelabrieb kann so weit führen, dass die gelenknahen Knochenenden schmerzhaft direkt aneinander reiben. Im Verlauf der Krankheit nimmt die Beweglichkeit ab, das Gelenk verformt sich. Auslöser einer Arthrose können dauerhafte Fehlbelastungen oder akute Verletzungen sein.
Zu den Risikofaktoren gehören das Alter, aber auch genetische Faktoren, Übergewicht, mangelnde Bewegung und Überlastung der Gelenke. Bislang gibt es keine krankheitsspezifische Behandlung, so dass außer der Gabe von Schmerzmitteln und der Anwendung von Physiotherapie meist nur noch der operative Einsatz künstlicher Gelenke zur Option steht. Um den Krankheitsursachen auf den Grund zu gehen und neue Behandlungsmöglichkeiten zu finden, haben Forscher des britischen Wellcome Sanger Institute nun das Erbgut von über 77.000 Arthrosepatienten analysiert und mit dem von mehr als 370.000 gesunden Menschen verglichen. Die Ergebnisse ermöglichen eventuell den Einsatz neuer Medikamente zur Behandlung von Arthrose.
Physiotherapie und Schmerzmittel als Ecksteine der Therapie
Heilbar ist eine Arthrose nicht. Der Schaden an Knorpel und Knochen lässt sich nicht rückgängig machen. Stattdessen zielt die bisherige Behandlung darauf ab, ein Fortschreiten zu verhindern und die Beschwerden des Patienten zu lindern. Bevor eine Operation wie beispielsweise die Einsetzung eins künstlichen Hüftgelenks in Erwägung gezogen wird, werden üblicherweise konservative Verfahren wie Physiotherapie und Schmerzmittel ausprobiert. Dabei kommen vor allem nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Acetylsalicylsäure, Diclofenac, Ibuprofen oder Naproxen zum Einsatz. Eine Alternative sind die sogenannten Coxibe. Auch der Einsatz eines Antidepressivums oder eines schwach wirksamen Opioids kann sinnvoll sein, um die Wirkung von Schmerzmitteln und Antirheumatika verbessern.
Mögliche Alternativen: Cortison und Hyaluronsäure
Auch standardisierte Extrakte aus Weidenrinde, der Wurzel der Teufelskralle oder Brennnesselblättern können als Ergänzung sinnvoll sein. Allerdings tritt ihre Wirkung nicht sofort ein. Im frühen Stadium der Arthrose sollen sogenannte Chondroprotektiva den Knorpelabbau bremsen und den Knorpel schützen. Zu dieser Gruppe gehören freiverkäufliche Wirkstoffe wie Glucosamin und Chondroitin. Bei chronischen oder starken Schmerzen kommen häufig Opioide zum Einsatz.
Auch das Einspritzen von Glucocorticoiden wie Cortison gehört zu den Behandlungsoptionen bei Arthrose. Ihre Wirkung ist aber nur kurzfristig. Ebenfalls ausprobiert werden können Hyaluronsäurespritzen, welche die Schmerzen lindern und die Beweglichkeit verbessern sollen, doch die Therapie ist umstritten und wird von den Krankenkassen nicht übernommen.
52 neue Veränderungen im Erbgut gefunden
Für die neue Mega-Studie untersuchten die Forscher Proben aus der arcOGEN-Studie sowie der UK-Biobank. Die Wissenschaftler entdeckten 52 neue Veränderungen im Erbgut, die mit Arthrose in Verbindung stehen. Dadurch verdoppelt sich die Anzahl der diesbezüglich bekannten Stellen. In der mit knapp 480.000 Teilnehmern bislang größten je durchgeführten genetischen Untersuchung zu Arthrose fanden die Forscher zudem Ansätze, um teilweise schon existierende Medikamente bei Arthrose einzusetzen zu können. Veröffentlicht wurde die Studie im Fachmagazin „Nature Genetics“.
Um herauszufinden, welche Gene für die Erkrankung verantwortlich sind, hatte das Team zusätzlich zum Erbgut auch funktionelle Genomdaten aufgenommen sowie die Genaktivität und Proteinexpression analysiert. So konnten die Wissenschaftler nachvollziehen, welche Gene besonders oft abgelesen und zu Proteinen umgesetzt wurden. Das entsprechende Gewebe stammte von Arthrose-Patienten, die sich einer Gelenkersatzoperation unterzogen hatten.
Neue Behandlungsansätze bei Arthrose möglich
Durch das Zusammenführen mehrerer verschiedener Datensätze konnten die Forscher die Gene identifizieren, die sehr wahrscheinlich ursächlich für die Arthrose sind. Zehn davon sind bereits Ziel von Medikamenten, die sich entweder in der klinischen Entwicklung befinden oder bereits gegen Arthrose und andere Krankheiten zugelassen sind, darunter unter anderem INVOSSA, ein Medikament, das bereits für Arthrose im Knie zugelassen ist, und LCL-161, ein Wirkstoff gegen Brustkrebs, Leukämie und Myelome, das sich in der klinischen Testung befindet. Den Forschern zufolge wären diese Medikamente vielversprechende Kandidaten, um sie im Einsatz gegen Arthrose zu testen.
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