Nach einem Schlaganfall können Antidepressiva nützlich sein
Nach einem Schlaganfall treten häufig depressive Symptome auf. Sie stehen im Zusammenhang mit einem zeitverzögerten Verlust von Nervenzellen im Belohnungszentrum des Gehirns. Depressionen sind für den weiteren Krankheitsverlauf sehr problematisch. Sie beeinträchtigen die Lebensqualität in erheblichem Masse, verschlechtern den Erfolg der Rehabilitation, führen zu höheren Liegezeiten und erhöhen schliesslich auch die Sterblichkeit. Somit ist es wichtig, Depressionen nach einem Schlaganfall rechtzeitig zu bekämpfen. Forscher der Charité sind nun in Tierexperimenten zu ermutigenden Ergebnissen gekommen, die sie im Fachjournal "Biological Psychiatry" veröffentlicht haben.
Nach dem Schlaganfall häufig depressive Verhaltensweisen
Experimente mit Mäusen zeigen, dass die Tiere einige Wochen nach einem leichten Schlaganfall häufig depressive Verhaltensweisen wie vermehrte Ängstlichkeit, Lust- und Freudlosigkeit aufweisen. Den Wissenschaftler um den Neurologen Matthias Endres und den Psychiater Golo Kronenberg von der Charité in Berlin ist es in Zusammenarbeit mit Forschern aus Bochum, Magdeburg und Boston nun gelungen, durch die Behandlung der Tiere mit selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) die Ausprägung einer Depression zu verhindern. Zudem konnte das zeitverzögert auftretende Absterben von Nervenzellen im Belohnungszentrum reduziert werden. Ausserdem zeigte sich, dass die Ausdehnung des Schlaganfallgebiets nach der Gabe von Antidepressiva kleiner war als ohne die Medikamente. "Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass Antidepressiva aus der Gruppe der SSRI eine schützende Wirkung auf die Nervenzellen entfalten, die auch dann noch genutzt werden kann, wenn man die Medikamente erst Tage nach einem Schlaganfall erstmalig verabreicht", kommentierte Professor Golo Kronenberg.
Spezialsprechstunde soll entstehen
Bislang ging man davon aus, dass das Zeitfenster für wirksame Behandlungsmöglichkeiten nach einem Schlaganfall extrem kurz ist, betonte Professor Matthias Endres, Leiter der Klinik für Neurologie der Charité. Die vorliegenden Ergebnisse widersprechen dieser These. Ausgehend von diesen Befunden soll nun in weiteren Untersuchungen dem Phänomen des zeitverzögerten Nervenzellverlusts nach einem Schlaganfall nachgegangen werden. Zudem soll am Experimental and Clinical Research Center (ECRC), bei dem momentan eine Ambulanz für affektive Störungen eingerichtet wird, auch eine Spezialsprechstunde für Depressionen nach einem Schlaganfall entstehen.
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