Kinder produzieren beim Singen weniger Aerosole als Erwachsene

Singen im Kinderchor: Eine Studie aus Berlin zeigt, dass helle Kinderstimmen weniger Aerosole bilden als Erwachsene – Foto: ©highwaystarz - stock.adobe.com
Nach einem Corona-bedingten Singverbot dürfen Chöre in vielen Bundesländern wieder proben und auftreten. Allerdings sind die Auflagen streng: Es gelten Abstandregeln und Obergrenzen hinsichtlich Personenzahl und Zeit. Verschiedene Ausbrüche in Kirchen und Chören hatten gezeigt, dass das gemeinsame Singen in geschlossenen Räumen zu erhöhten SARS-CoV-2-Infektionsraten führen kann. Grund ist, dass beim Singen vermehrt Aerosole (Atemnebel) gebildet werden, die dem Virus als Träger dienen.
Inzwischen gibt es mehrere Studien, in denen die Aersolbildung von erwachsenen Sängern untersucht wurde. Quintessenz ist, dass erhöhte Aereosolemmissionen beim Singen gemessen werden und die Lautstärke entscheidend ist, in der gesungen oder auch gesprochen wird.
Doch wie sieht es eigentlich aus, wenn Kinder singen? Dieser Frage sind Wissenschaftler des Hermann-Rietschel-Instituts der TU Berlin und der Klinik für Audiologie und Phoniatrie der Charité in einer Studie nachgegangen.
Aerosole variieren von Kind zu Kind
Die Untersuchung wurde mit vier Jungen und vier Mädchen des Berliner Staats- und Domchores und des Mädchenchores der Singakademie Berlin im Forschungs-Reinraum des Hermann-Rietschel-Instituts durchgeführt. Die Kinder mussten verschiedene Testaufgaben absolvieren, wobei mit einem Laserpartikelzähler die Anzahl der gebildeten Aerosole im Größenbereich von 0,3 bis 25 Mikrometer bestimmt wurde. Parallel zur Partikelmessung wurde der Lautstärkepegel für die verschiedenen Testaufgaben aufgenommen. Zum Vergleich wurden verschiedene Aufgaben mit lauten Rufen bzw. „Torjubel“ wie beim Fußballspiel durchgeführt.
Jubeln "schlimmer" als Singen
Die Ergebnisse zeigen, dass die Aerosolemissionen auch bei Kindern beim Singen signifikant höher sind als beim Sprechen und stark variieren. „Die Emmissionen liegen aber deutlich unter denen von Erwachsenen“, erklärt Prof. Dirk Mürbe, Direktor der Klinik für Audiologie und Phoniatrie der Charité. Die Forscher nehmen an, dass verschiedene Faktoren zu den geringeren Emissionen beitragen. „Neben den Effekten der Stimmstärke beim Singen der Kinder sind es die Besonderheiten der zu Grunde liegenden Schwingungsabläufe der kindlichen Stimmlippen. Diese führen nicht nur zum typischen Klang von Kinderstimmen, sondern auch zu einer geringeren Aerosolproduktion“, so der Experte.
Die Untersuchung zeigte außerdem, dass die Kinder beim Fanjubel deutlich mehr Aersoloe produzierten als beim Gesang. Hier erreichten manche Kinder sogar höhere Werte als Erwachsene beim Singen.
„Die geringere Aerosolbildung der Kinder beim Singen ist ein neuer Faktor, der nun in die Gesamtbewertung der individuellen Konzepte einfließen kann“, erklärt Professor Mürbe.
Grundlage für neue Rahmenbedingungen
Die neuen Erkenntnisse aus Berlin sollen jetzt dazu genutzt werden, die Hygienekonzepte für das Singen im schulischen oder außerschulischen Bereich zu spezifizieren und so Rahmenbedingungen zu schaffen, die auch das gemeinsame Singen von Kinder- und Jugendchören unter bestimmten Bedingungen wieder ermöglichen. Wichtige Faktoren sind dabei Anzahl und Position der singenden Kinder, Probendauer, aber insbesondere die Raumgröße und effektive Lüftungskonzepte.
Die Ergebnisse der Studie „Aerosol emission of child voices during speaking, singing and shouting“ wurden soeben in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift medrvix als Preprint veröffentlicht.
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