Juckreiz auf der Haut: Nicht kratzen – kühlen und eincremen!

Chronischer Juckreiz: Bis zu 25 Prozent der Bevölkerung sind im Lauf des Lebens mit diesem Krankheitsbild konfrontiert. – Foto: ©Aleksej - stock.adobe.com
„Gänsehaut bekommen“, „die eigene Haut retten“, „ich kann nicht aus meiner Haut“: Es ist sicher kein Zufall, dass viele Sprichwörter mit „Haut“ zu tun haben. Mit rund 1,7 Quadratmetern beim Erwachsenen ist die Haut unser größtes Organ und schützt unseren empfindlichen Organismus vor schädlichen äußeren Einflüssen: vor Krankheitserregern insbesondere – aber jetzt im Sommer ganz stark auch vor Austrocknung, UV-Strahlung oder Überhitzung. Chronischer Juckreiz kann eine Gefahr für unsere Haut sein: Denn wir neigen spontan dazu, uns zu kratzen – und beschädigen damit unsere lebenswichtige Schutzhülle.
Jeder vierte Deutsche erlebt chronischen Juckreiz
Jeder vierte Deutsche hat im Lauf seines Lebens mit chronischem Juckreiz zu tun, heißt es in einer Information der deutschlandweit ersten Forschergruppe für dieses Krankheitsbild mit dem Fachbegriff „Pruritus“. Von chronischem Juckreiz ist die Rede, wenn die Symptome sechs Wochen oder länger anhalten. Dieses Hautleiden kann dabei ganz unterschiedliche Ursachen haben. Im Sommer wird Juckreiz häufig durch Neurodermitis verursacht, eine nicht ansteckende Überempfindlichkeitserkrankung der Haut (Fachbegriff: Atopisches Ekzem). Treten die Symptome vor allem in den kühleren Jahreszeiten auf, ist die Ursache häufig eine Hautirritation.
Juckreiz kann Zeichen für tieferliegende Krankheiten sein
Unabhängig von der Jahreszeit jucken Ekzeme – eine Gruppe entzündlicher Hauterkrankungen mit den Symptomen Hautrötung, Bläschen, Krusten oder Schuppen. Juckreiz kann auch bei sogenannten systemischen Erkrankungen auftreten: beispielsweise bei Leber- und Gallenstörungen, Niereninsuffizienz, Diabetes oder Krebs sowie bei psychiatrischen und neurologischen Krankheiten. Überdurchschnittlich oft plagt der chronische Juckreiz ältere Menschen.
Was aber kann man tun, wenn chronischer Juckreiz an der Lebensqualität kratzt? Das Wichtigste ist – auch wenn es schwerfällt: nicht kratzen! „Kratzen hilft nur kurzfristig bei Juckreiz. Auf lange Sicht macht es ihn noch schlimmer“, sagte der Hautspezialist Andreas Kremer aus der Forschergruppe Pruritus kürzlich auf einem Fachkongress der Bundesapothekerkammer. Kremer, der auch Leiter der internistischen Notaufnahme am Universitätsklinikum Erlangen ist, rät Patienten deshalb dazu, grundsätzlich „bei Juckreiz die Haut zu kühlen und durch Eincremen zu pflegen".
Chronischer Juckreiz: die drei Säulen der Behandlung
1. Allgemeine Maßnahmen:
- in kühler Umgebung schlafen
- nach dem Duschen oder Baden den Körper kalt abbrausen
- lockere Bekleidung aus Baumwolle tragen (verträglicher als Schurwolle)
- Fingernägel kürzen (damit die Haut beim Kratzen weniger verletzt wird)
2. Lokale Therapie:
- juckende Haut täglich mit hydratisierenden und rückfettenden Cremes pflegen
- Arzneistoffe lokal auftragen (Chloralhydrat, Polidocanol, Capsaicin)
- Kortison nur kurzfristig verwenden (Daueranwendung nicht empfehlenswert)
3. Systemische Therapie (wenn allgemeine und lokale Maßnahmen nicht helfen):
- Therapie, die die tieferliegende Erkrankung identifiziert und bekämpft, beginnen.
Chronischer Juckreiz: Ursachen noch wenig erforscht
In den vergangenen Jahren hat zwar die Erforschung der Ursachen von chronischem Juckreiz Fortschritte gemacht. Einige klinische Studien, die sich zum Ziel gesetzt haben, den chronischen Juckreiz zu stoppen, wurden angestoßen. Doch zielgerichtete Behandlungen des chronischen Juckreizes fehlten bis heute, kritisiert Hautexperte Kremer. Hier will die „Forschergruppe Pruritus" ansetzen. „Weil die Therapie schwierig ist, wird das Symptom oft negiert“, sagt Kremer, „genau wie der chronische Schmerz noch vor 30 Jahren“.
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