Hygiene-Experte: „Munddesinfektion macht Lockdown überflüssig”

Regelmäßig Mundspülung machen als Mittel gegen die Verbreitung des Coronavirus: „Wenn man das alle drei Tage macht, dann kann gar nichts passieren", schlägt der Berliner Hygiene-Experte Klaus-Dieter Zastrow vor. – Foto: AdobeStock/Dario
Viele befürchten eine dritte Infektionswelle, viele halten die Corona-Restriktionen langsam nicht mehr aus. Und plötzlich sollen Schnelltests für alle verfügbar sein. Was ist da der richtige Weg? Die Debatte tobt und mittendrin hat sich jetzt der Berliner Hygiene-Experte Prof. Klaus-Dieter Zastrow positioniert: mit der These, dass eine regelmäßige Desinfektion der Mundhöhle eine wirksame Maßnahme zur Eindämmung der Corona-Pandemie sei.
Hände desinfizieren – und so selbstverständlich den Mund
„Wir desinfizieren uns die Hände, jeder weiß das, jeder akzeptiert das. Und jetzt frage ich mal: Warum desinfizieren wir uns nicht die Mundhöhle, da wo das Virus sitzt?", sagte Zastrow dem Fernsehsender Phoenix. Wenn man das befolge, könne man viele Einschränkungen wieder zurücknehmen. „Dann kann man alles aufmachen", sagt der Infektionsschutzexperte: Kitas und Schulen, Einzelhandel und Gastronomie, Theater- und Konzertsäle und Kinos.
„Das Virus kommt aus der Mundhöhle des Menschen“
„Wir müssen uns immer mal wieder in Erinnerung rufen, wo das Virus eigentlich her kommt. Das ist nun mal die Mundhöhle des Menschen, es hat keine andere Quelle", sagte Zastrow. Der heute 70-jährige Facharzt für Hygiene bekleidete über Jahrzehnte führende Positionen in Gesundheitsbehörden und Krankenhäusern, darunter am Berliner Robert-Koch-Institut. Das Desinfizieren durch Gurgeln halte zwei bis drei Tage vor. In dem TV-Interview sagt Zastrow weiter: „Es ist so: Die Viren sind abgetötet, es wird irgendein Virus übrigbleiben, was sich dann wieder vermehrt über die nächsten zwei bis drei Tage, das bekommt aber nicht die Viruslast, die es braucht, um wieder ansteckungsfähig zu sein und vor allen Dingen auch, um selbst zu erkranken. Es ist auch ein ganz hoher Eigenschutz dabei. Und wenn man das alle drei Tage macht, dann kann gar nichts passieren, das Virus kommt nicht mehr zum Zug."
„Strenge Maskenpflicht reicht für Öffnung des Einzelhandels“
Während die Bundesregierung angesichts neuer und ansteckenderer Coronavirus-Varianten sehr zur Vorsicht neigt, zeigt sich Zastrow gelassen. Um den Einzelhandel wieder zu öffnen, genüge im Grunde schon die strenge Maskenpflicht, wie sie aktuell gehandhabt wird. „Es reicht völlig der medizinische Mund-Nasen-Schutz, denn woanders kann das Virus nicht herkommen, und wer das immer noch nicht verstanden hat, dem kann man auch nicht mehr helfen", so der Arzt für Hygiene und Umweltmedizin im Phoenix-Interview.
Zastrows Stationen: Seuchenreferent, RKI, Impfkommission
Zastrow hat sich in den vergangenen Jahrzehnten insbesondere als Experte für Krankenhaushygiene einen Namen gemacht. Schon Ende der 1980er-Jahre wies er auf die Gefährdung stationärer Patienten durch Krankenhausinfektionen hin. Der streitbare Mediziner bezog immer wieder öffentlich Position und zeigte dabei wenig Angst davor, unkonventionelle oder unbequeme Positionen zu vertreten.
Seine Laufbahn als Hygiene-Experte begann er 1985 als Seuchenreferent des Landes Berlin. In der Zeit danach war er jeweils jahrelang in Gesundheitsbehörden und -institutionen tätig: als Direktor und Professor im Bundesgesundheitsamt und in dessen Nachfolgeeinrichtung, dem Robert Koch-Institut; als Vorsitzender der „Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention“ (KRINKO); und als Geschäftsführer der „Ständigen Impfkommission“ (STIKO), die jetzt, im Zuge der Impfkampagne in der Coronakrise, laufend in den aktuellen Nachrichten präsent ist.