
DZHK-Forscher haben aus menschlichen Hautzellen einen schlagenden Herzmuskel hergestellt.
Ein dreidimensionaler Herzmuskel aus dem Labor, der schlägt, Strom leitet und auf bestimmte Medikamente ebenso wie der menschliche Vorhofmuskel reagiert: Mit ihrer Arbeit haben Forscher des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) und des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) einen wichtigen Schritt für bessere und personalisiertere Therapien des Vorhofflimmerns getan.
Mit pluripotenten Stammzellen gearbeitet
Die Wissenschaftler hatten mit der Technologie der induzierten pluripotenten Stammzellen Vorhofzellen aus gespendeten Hautzellen hergestellt. Mit dieser Methode waren zuvor schon Zellen der unteren Herzkammern gezüchtet worden. In diesem Fall haben die Forscher Retinsäure hinzugefügt, da die Zellen hierdurch ähnliche Eigenschaften wie Vorhofzellen erlangen. Dank dreidimensionaler Züchtung sind Streifen des Vorhof-Herzmuskels entstanden, die sich wie ein echter Vorhofmuskel verhalten.
Wie die Forscher nun in einer Mitteilung schreiben, könnte dies die Entwicklung von Medikamenten für Vorhofflimmern wesentlich erleichtern. Zudem würden dadurch etliche Tierversuche eingespart.
Der neue Herzmuskel ist personalisiert
Der Herzmuskel aus dem Labor ist außerdem patientenspezifisch. Dies macht es möglich, Medikamente an Herzgewebe zu testen, das von einer bestimmten Person stammt, um genau die Vorhof-Erkrankung zu behandeln, die diese Person hat. Vom Patienten wird lediglich eine kleine Hautspende benötigt.
„Die Idee, dass wir Medikamente an einem Herzmuskel testen können, der für einen bestimmten Patienten gezüchtet wurde, klingt fantastisch. Unsere Forschung zeigt, dass dies jetzt Realität ist, wir benötigen dafür nur einige Hautzellen“, sagt Dr. Marta Lemme, vom Institut für Pharmakologie und Toxikologie des UKE, Erstautorin der Studie, die jetzt im Fachmagazin Stem Cell Reports publiziert wurde.
Als nächsten Schritt will das Team den künstlichen Herzmuskel perfektionieren und ihn dazu bringen, sich wie ein „kranker“ Herzmuskel zu verhalten. Anschließend könnten die ersten personalisierten Tests beginnen „Eine solche Forschung zeigt, wie wir mit Hilfe modernster Technologien die laborbasierte Forschung zum Wohle von Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen nutzen können“, sagt Prof. Thomas Eschenhagen, Projektleiter und Vorstandsprecher des DZHK. „Das DZHK wurde mit genau diesem Ziel gegründet, ich freue mich über dieses Ergebnis.“
Vorhofflimmern bislang schwer therapierbar
Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung und ein großer Risikofaktor für einen Schlaganfall: In den oberen Kammern des Herzens, den Vorhöfen, können sich nämlich leicht Blutgerinnsel bilden. Patienten müssen darum Blutverdünner wie Marcumar oder DOAKs einnehmen.
Aktuelle Behandlungen wie das Veröden des Gewebes, das den abnormen Rhythmus verursacht, oder Medikamente wie Beta-Blocker helfen nicht allen Patienten und haben oft schwere Nebenwirkungen. Deshalb suchen Forscher nach neuen und besseren Behandlungsmethoden. Die Arzneimittelentwicklung für Vorhofflimmern ist allerdings besonders anspruchsvoll und Ergebnisse aus Tierversuchen sind nicht 1:1 auf den Menschen übertragbar. Darum kommt dem gezüchteten Herzmuskel große Bedeutung bei der Suche nach besseren Therapien zu.
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