
Nach Meinung von Forschern muss sich Europa auf eine grundlegende Veränderung seiner Durchschnittstemperaturen gefasst machen
Der Klimawandel stellt die Weltbevölkerung vor eine der größten Herausforderungen. Wie stark sich die Temperaturen ändern werden, kann allerdings nur aufgrund von Modellen projiziert werden und nicht mit absoluter Sicherheit vorhergesagt werden. Schweizer Forscher haben nun trotzdem eine Vorhersage gewagt. Dazu nutzten sie nach eigenen Angaben hochmoderne Klimaprojektionen auf Basis existierender Daten. Ihren Voraussagen zufolge werden Europas Städte immer heißer werden. So werde es beispielsweise in Berlin im Jahr 2050 klimatische Verhältnisse geben wie derzeit in der Australischen Hauptstadt Canberra.
London so warm und trocken wie Barcelona
Um die zukünftige Entwicklung des Klimas zu verdeutlichen, verglichen die Forscher um Jean-Francois Bastin von der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich die Vorhersagen für 520 Städte weltweit mit aktuellen Temperaturen auf anderen Teilen der Erde. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie in der Fachzeitschrift „PLOS ONE“.
Im Einzelnen kamen die Forscher zu folgenden Ergebnissen: Im zurzeit noch eher feuchtkalten London wird es im Jahr 2050 so warm und trocken sein wie in Barcelona, Köln, Hamburg und Bern werden ein Klima wie im heutigen San Marino erleben und die Temperaturen in Wien werden vergleichbar mit denen der nordmazedonischen Hauptstadt Skopje sein.
Heiße Sommer in Berlin
Die Temperaturentwicklung ist dabei von Stadt zu Stadt durchaus unterschiedlich. Die Forscher stellten nur für solche Städte Vorhersagen an, für die sie aufgrund von Temperaturen, Jahreszeiten und Niederschlägen passende Vergleichsstädte finden konnten.
Im Durchschnitt, so die Studienautoren, werden die Temperaturen im Vergleich zum Jahr 2000 um 3,5 bis 4,7 Grad Celsius ansteigen. Für Berlins Sommer sagen sie sogar einen Temperaturanstieg von durchschnittlich 6,0 und für Wien von 7,6 Grad Celsius voraus. Insgesamt werden sich die Städte der nördlichen Hemisphäre auf ein Klima einstellen müssen, wie es aktuell etwa 1.000 Kilometer weiter südlich herrscht. Die Forscher untersuchten die Klimaveränderungen vor allem in Hinsicht darauf, wie diese Vorhersagen für Öffentlichkeit und Städteplaner nutzbar gemacht werden können.
Verstärkte Wasserknappheit im Nahen Osten
Noch dramatischer als beispielsweise für Mitteleuropa werde sich das Klima für Regionen wie denen im Nahen Osten entwickeln, so die Forscher. Hier werde es noch wärmer und trockener werden als bisher, was Konsequenzen für die Nahrungsmittelproduktion und die Wasserversorgung der Städte nach sich ziehen wird, wie Tom Crowther von der EHT Zürich und Koautor der Studie betont. Seiner Meinung nach sind die Implikationen dieser Studie für die meisten Städte ziemlich „furchtbar“.
Der überwiegende Teil der 115 Städte mit „neuen“ Klimabedingungen befindet sich in den Tropen. Betroffen sind unter anderem Metropolen wie Kuala Lumpur, Jakarta, Rangun und Singapur. In den Tropen werden sich den Vorhersagen zufolge die Veränderungen weniger im Anstieg der Temperaturen ausdrücken, sondern hauptsächlich in häufigeren und extremeren Niederschlägen sowie intensiveren Dürreperioden. „Das Schicksal der großen Tropenstädte bleibt ungewiss, da vielen beispiellose Klimaveränderungen bevorstehen“, so die Forscher.
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