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Digitalisierung soll zu mehr Patientensicherheit führen

Dienstag, 18. September 2018 – Autor: Anne Volkmann
Die Digitalisierung des Gesundheitswesens kann in Zukunft die medizinische Versorgung verbessern und zu mehr Patientensicherheit führen – das sehen zumindest viele Gesundheitsexperten so. Der Innovationsausschuss des G-BA will entsprechende Projekte nun stärker fördern.
Digitalisierung des Gesundheitswesens, Telemedizin, Online-Sprechstunde

Die Sprechstunde via Internet - möglicherweise bald normaler Teil der medizinischen Versorgung – Foto: ©M.Dörr & M.Frommherz - stock.adobe.com

Die Videosprechstunde, mit der gehbehinderte Menschen in ihrem eigenen Zuhause von ihrem Arzt betreut werden, die Rund-um-die-Uhr-Aufzeichnung der Werte von Patienten mit Herzinsuffizienz, die automatische Erinnerung per App an den nächsten Vorsorgetermin – all dies sind Möglichkeiten der Digitalisierung des Gesundheitswesens, die zum Teil schon Wirklichkeit sind. Doch Experten sind sich weitgehend einig: Die Chancen, die diese Ansätze bergen, müssen noch weit besser genutzt werden. Anlässlich des Internationalen Tages der Patientensicherheit am 17. September 2018, der unter dem Schwerpunkt „Digitalisierung und Patientensicherheit“ stand, erklärte der Vorsitzende des Innovationsausschusses beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) Prof. Josef Hecken daher, man wolle digitale Lösungsansätze stärker fördern und prüfen, ob sie für einen breiteren Einsatz geeignet sind. „Digitale Lösungsansätze können zu mehr Patientensicherheit beitragen – die Chancen, die hier liegen, sind unbestritten“, so Hecken.

Versorgungslücken schließen, Doppelverordnungen vermeiden

Auch das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS), das den Tag der Patientensicherheit in Deutschland maßgeblich koordiniert, unterstützt mit Nachdruck den Ausbau der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Das APS macht darauf aufmerksam, dass durch digitale Anwendungen Schnittstellen zwischen Haus- und Fachärzten, ambulantem und stationärem Bereich, Ärzten und Apothekern geschaffen werden können, die unter anderem dazu beitragen können, dass gefährliche Doppelverordnungen, Versorgungslücken und mögliche Wechselwirkungen von Medikamenten reduziert werden. Fragen der Datensicherheit seien dabei von großer Bedeutung und müssten diskutiert werden, sollten aber kein Hindernis dafür darstellen, die Chancen der Digitalisierung wahrzunehmen.

Unterstützung für Hausärzte

Der Innovationsausschuss des G-BA will dabei ganz konkrete Projekte vorantreiben. Dazu gehören für die Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit das Projekt AdAM (Anwendung digital-gestütztes Arzneimitteltherapie- und Versorgungs-Management), mit dem Hausärzte bei ihrem Arzneimitteltherapie-Management für Erwachsene, die auf mindestens fünf Arzneimittel angewiesen sind, unterstützt werden. Mit Hilfe einer spezialisierten Software bekommen die Ärzte behandlungsrelevante Krankenkassenabrechnungsdaten wie Diagnosen und Verordnungen, potenzielle Risiken und medizinisch-pharmazeutische Fachinformationen patientenbezogen zur Verfügung gestellt.

Im Projekt KiDSafe (Verbesserung der Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Arzneimitteln durch Erhöhung der Arzneimitteltherapiesicherheit) wird ein digitales Kinderarzneimittel-Informationssystem zusammen mit pädiatrisch-pharmakologischen Qualitätszirkeln in ausgewählten Kinderkliniken und den zuweisenden Kinderarztpraxen eingeführt. Über die systematische Erfassung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen und Medikationsfehlern sollen mögliche Sicherheitsrisiken der Arzneimittel bekannt werden.

Telemedizin soll Gesundheitsversorgung verbessern

Ziel des Projekts Telnet@NRW (Telemedizinisches, intersektorales Netzwerk als neue digitale Struktur zur messbaren Verbesserung der wohnortnahen Versorgung) ist der Aufbau eines telemedizinischen Netzwerks, das in den überlebenswichtigen Bereichen Infektiologie und Intensivmedizin Haus-, Krankenhaus- und Fachärzte miteinander verbindet. Zwei unabhängige wissenschaftliche Institute werden untersuchen, ob durch die telemedizinische Vernetzung eine flächendeckende und messbare, leitliniengerechte Verbesserung der Behandlungsqualität erreicht werden kann. Die Expertise von Infektions- und Intensivmedizin-Experten großer Universitätskliniken soll damit ortsunabhängig und rund um die Uhr zur Verfügung stehen.

Weitere Projekte, die vom Innovationsausschuss gefördert werden wollen, sind unter anderem KOMPAS (Entwicklung und Erprobung eines komplexen interprofessionellen Trainingsprogramms zur Verbesserung der Patientensicherheit), bei dem eine berufsübergreifende Fortbildung für akutmedizinische Versorgungsteams entwickelt und getestet wird, sowie das Projekt EyeLLIS (Eyetracking-basierte Erhebung der Lebensqualität von Patienten mit Locked-in-Syndrom), bei dem es darum geht, mittels Blickerfassungssystemen etwas über die Lebensqualität und das Wohlbefinden von Locked-in-Patienten zu erfahren und den Betroffenen eine direkte Kommunikation mit der Außenwelt zu ermöglichen.

Foto: © M.Dörr & M.Frommherz - Fotolia.com

Hauptkategorie: Gesundheitspolitik
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