Dienst nach Feierabend: Diese Rechte haben Pflegekräfte in Teilzeit

Trotz Teilzeitjob ist dieser Krankenpfleger erschöpft: Das deutsche Arbeitsrecht lässt nicht beliebig viele Überstunden zu – Foto: © Adobe Stock/ famveldman
Work-Life-Balance, die eigene Familie oder gar ein zweiter Job – es gibt viele Gründe, warum sich Pflegekräfte für Teilzeitarbeit entscheiden. Doch gerade in Krankenhäusern und Pflegeheimen ist die vereinbarte Arbeitszeit im Nu überschritten und am Monatsende haben sich jede Menge Überstunden angehäuft. Da Pflegekräfte eine große Verantwortung tragen, fällt es vielen schwer „nein“ zu sagen und auf ihren Feierabend zu pochen. Tun sie es doch, weil beispielsweise das Kind im Kindergarten wartet, bleibt das Gefühl, Kollegen und Patienten im Stich gelassen zu haben. Ein Dilemma, das auf Dauer ziemlich frustrierend ist.
Grundsätzlich keine Pflicht für Überstunden
Um mit der Situation besser klar zu kommen, ist es hilfreich, dass Pflegekräfte ihre Rechte kennen. Grundsätzlich sind Teilzeitkräfte in der Pflege nicht dazu verpflichtet, Überstunden zu leisten. Nur in absoluten Notsituationen besteht eine solche Pflicht. Dabei muss es sich aber um extreme Ausnahmesituationen handeln wie etwa ein Brand, Überschwemmungen oder (Natur-)Katastrophen.
Anders verhält es sich, wenn im Arbeits- oder Tarifvertrag Regelungen zu Überstunden getroffen wurden. Doch auch hier gibt es Grenzen. Der Arbeitgeber kann nicht beliebig viele Überstunden verlangen, sondern maximal acht in einer normalen Arbeitswoche. Das gilt auch für Wochenenden und Nachschichten. Geregelt ist diese „Obergrenze“ im §3 des Arbeitszeitgesetzes. Und an dieses Gesetz muss sich der Arbeitgeber halten.
Mehrarbeit muss abgegolten werden
Bleibt die Frage, ob Überstunden eigentlich abgegolten werden müssen. Ja, sagt hierzu der Gesetzgeber und schreibt in §6 V Arbeitszeitgesetz entweder eine finanzielle Vergütung oder einen Freizeitausgleich vor. Letzteres dürfte in Pflegebetrieben aufgrund des hohen Arbeitsaufkommens und der engen Personalbemessung kaum realistisch sein. Von daher ist in der Pflege eine Bezahlung üblich. Nach dem erwähnten Gesetzesparagraphen werden Überstunden mit dem normalen Stundenlohn vergütet, unabhängig davon, ob es sich um einen Teilzeit- oder Vollzeitjob handelt. Für Überstunden in der Nachschicht, also zwischen 23 und 6 Uhr morgens, haben Pflegekräfte zudem einen Anspruch auf einen Überstundenzuschlag. Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts ist ein Zuschlag von 25 Prozent auf den üblichen Stundenlohn angemessen.
Aber Achtung: Überstunden werden nur dann abgegolten, wenn sie tatsächlich auch vom Arbeitgeber angeordnet wurden. Wer etwa aus Gutmütigkeit freiwillig länger bleibt, hat keinen Anspruch auf Bezahlung oder Freizeitausgleich. Nur wenn eine „nachvollziehbare Notsituation“ am Arbeitsplatz die Überstunden rechtfertigt und die Schichtleitung darüber sofort informiert wird, wird die Mehrarbeit auch abgegolten.
Wie aus Überstunden eine Vollzeitstelle wird
Und was ist, wenn die wöchentliche Arbeitszeit praktisch einem Vollzeitjob entspricht? Wenn der Arbeitgeber auf Dauer tatsächlich so viel Mehrarbeit verlangt, dann sind das rechtlich gesehen keine Überstunden mehr. Vielmehr sieht das Gesetz in diesem Fall eine „stillschweigende Neuregelung des Arbeitsvertrages“ vor. Die Teilzeitstelle wandelt sich dann also automatisch in einer Vollzeitstelle um. Im Jahr 2006 hat das Landesarbeitsgericht Hamm dazu ein klares Urteil gesprochen.
Grundsätzlich ist es ratsam, die Handhabung von Überstunden im Arbeitsvertrag zu regeln. Konkrete Vereinbarungen beugen Missverständnissen und lästigen Diskussionen vor. Klauseln wie „Überstunden werden nicht gesondert vergütet, da sie mit dem monatlichen Festgehalt abgegolten sind“, sind aber ungültig und haben vor dem Gesetz keinen Bestand. Im Zweifel können sich Teilzeitkräfte jederzeit auf das Arbeitsrecht berufen, das Überstunden klare Grenzen setzt.
„Dieser Beitrag entstand in Kooperation mit MEDWING.com, der führenden Jobplattform und Karriereberatung für Gesundheitsfachkräfte.