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Depressionen im Alter bleiben oft unerkannt

Mittwoch, 27. November 2019 – Autor:
Depressionen werden bei älteren Menschen häufig übersehen. Nur jeder zehnte betroffene Senior ist in psychotherapeutischer Behandlung. Die Deutsche Depressionshilfe führt das auf ein mangelndes Bewusstsein über die Erkrankung zurück.
Depressionen sind im Alter häufig. Doch die Symptome werden meist falsch interpretiert

Depressionen sind im Alter häufig. Doch die Symptome werden meist falsch interpretiert

Der Deutschland-Barometer Depression zeigt: Viele Menschen wissen nicht, dass  die Depression auch eine häufige Erkrankung im Alter ist. 83 Prozent der Bevölkerung glauben demnach, dass die Depression am häufigsten im jungen und mittleren Erwachsenenalter auftritt. Denn in Stress und Belastung am Arbeitsplatz sehen über 90 Prozent der Befragten eine der Hauptursachen für eine Depression.

Depression ist eine Erkrankung des Gehirns

Ein Irrtum, sagt Prof. Ulrich Hegerl, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Inhaber der Senckenberg-Professur an der Goethe-Universität Frankfurt/Main. "Depression hängt viel weniger von den aktuellen Lebensumständen ab, als viele glauben. Es ist eine eigenständige Erkrankung des Gehirns, die jeden treffen kann - auch Senioren", stellt der Psychiater klar.

Diese Irrtümer über Depression im Alter führen offenbar zu großen Behandlungsdefiziten. Nur 12 Prozent der über 70-jährigen Erkrankten befinden sich in psychotherapeutischer Behandlung. Bei betroffenen zwischen 30 und 69 Jahren sind es 31 Prozent. "Älteren Menschen wird viel zu selten eine Psychotherapie angeboten. Sie werden im Versorgungssystem eindeutig benachteiligt", kommentiert Ulrich Hegerl diese Zahlen.

Depressive Symptome werden als „altersgerecht“ missdeutet

Warum aber werden Depressionen bei älteren Menschen so selten erkannt? Hegerl sagt, dass depressive Symptome wie Hoffnungs- und Freudlosigkeit, Schlafstörungen oder Erschöpfungsgefühl oft nicht als Ausdruck einer eigenständigen schweren Erkrankung gesehen würden. Diese Symptome würden stattdessen als nachvollziehbare Reaktion auf die Bitternisse des Alters oder als Folge körperlicher Erkrankungen fehlinterpretiert - von den Betroffenen selbst, aber auch von ihren Angehörigen und Ärzten. Laut Hegerl trägt das Verkennen mit zu den „drastisch erhöhten Suizidraten im Alter bei.“

„Eine Behandlung der depressiven Erkrankung ist bei älteren Patienten ebenso wichtig wie bei jüngeren Menschen, das sollte jeder wissen“, meint Hegerl. Sowohl Psychotherapie als auch medikamentöse Therapie haben sich als wirksam erwiesen.“

Ältere aufgeschlossen gegenüber Behandlung

Ein weiterer weit verbreiteter Irrtum: Nach dem Barometer gehen 86 Prozent der Deutschen davon aus, dass es Älteren schwerer fällt, sich bei Depression Hilfe zu suchen. Dies gilt insbesondere für die Psychotherapie: 71 Prozent der Befragten glauben, dass Ältere seltener bereit sind, die Hilfe eines Psychotherapeuten anzunehmen. Doch dem ist nicht so: Eine deutliche Mehrheit (64%) der befragten Menschen über 70 wäre bereit, eine Psychotherapie in Anspruch zu nehmen. 81 Prozent würden sogar Antidepressiva einnehmen – jedenfalls theoretisch.

Aufgrund des demografischen Wandels gewinnt das Thema in den kommenden Jahren zusätzlich an Relevanz. Ambulanten Pflegekräften und pflegenden Angehörigen kommt hier eine große Bedeutung zu, da sie oft der einzige regelmäßige Ansprechpartner sind. Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe entwickelt deshalb ein E-Learning-Programm zum Thema "Depression im Alter und Umgang mit Suizidalität" für Pflegekräfte und Angehörige. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert und ab Mitte 2020 kostenfrei zur Verfügung stehen.

Foto: pixabay

Hauptkategorien: Medizin , Demografischer Wandel
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