Covid-19: Naive T-Zellen wichtig für gute Impfantwort

Je naiver ein Immunsystem ist, desto besser die Impfantwort auf SARS-COV-2, so eine neue Studie aus Kiel – Foto: © Adobe Stock/ fusebulb
Ein Immunsystem, das schon vielen Erregern begegnet ist, ist in Sachen Covid-19 nicht unbedingt von Vorteil. Das berichten Wissenschaftler des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein. Bereits im Jahr 2020 hat das Team um Professorin Petra Bacher vom Institut für Immunologie der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel gezeigt, dass ein früherer Kontakt mit Erkältungsviren keinen Schutz vor COVID-19 bietet. In der aktuellen Folgestudie konnten die Forschenden nun zeigen, dass ein „erfahrenes“ Immunsystem auch für die Qualität der Impfreaktion nicht vorteilhaft ist.
Naive T-Zellen reagieren stärker auf Impfung
„Eine gute Immunantwort kommt aus dem naiven Repertoire an T-Zellen. Bereits vorhandene T-Gedächtniszellen, die SARS-CoV-2 erkennen, haben eher einen negativen Effekt“, sagt Bacher. „Das könnte erklären, warum bei alten Menschen die Immunreaktion nach Infektion oder Impfung oft schlechter verläuft.“
Für die aktuelle Studie untersuchte das Forscherteam die Blutproben von 50 gesunden Personen vor und nach der Corona-Impfung. Eine vorhergehende Corona-Infektion schlossen die Forscher aus. Durch eine spezielle Technik, die sogenannte Antigen-reaktive-T-Zell-Anreicherung, können ganz gezielt die Zellen untersucht werden, die auf den Impfstoff reagieren.
Zellen angeschaut, die auf SARS-CoV-2 reagieren
Bacher: „Wir sortieren die Zellen heraus, die auf SARS-CoV-2 reagieren, denn nur die entscheiden über die Immunantwort. Über den T-Zell-Rezeptor können wir feststellen, ob die Zellen aus dem naiven Repertoire stammen oder aus dem Gedächtnis-Repertoire.“ Die Ergebnisse dieser Analyse wurden mit der Qualität der Impfantwort in Beziehung gesetzt.
Das Ergebnis beschreibt die Immunologin so: „Bereits vorhandene Gedächtnis-T-Zellen tragen nicht zu einer qualitativ hochwertigen Immunantwort bei. Eher im Gegenteil. Eine sehr gute Immunantwort kommt aus dem naiven Repertoire.“
Dementsprechend schwächer fiel die Immunantwort bei den über 80-Jährigen aus. Die Impfung führte bei ihnen nur zu einem geringen Anstieg der SARS-CoV-2 spezifischen T-Zellen. „Wir zeigen, dass bei Älteren die wenigen naiven T-Zellen, die im höheren Alter noch übrig sind, nicht mehr so gut aktiviert werden können. Aber auch die stark vorhandenen Gedächtniszellen tragen bei Älteren nicht positiv zur Impfantwort bei“, so Bacher. Gleichwohl gibt die Immunologin zu bedenke, dass auch jüngere Menschen ein schlechte Impfantwort haben können. Boostern kann ihre Ansicht nach Dezifte in der Immunantwort abmildern, aber nicht komplett ausgleichen.
Antikörpertest laut Immunologin nicht aussagekräftig
Wie gut oder schlecht eine Impfantwort ausfällt, wird üblicherweise mit einem Antikörpertest gemessen. Bacher hält die Tests aber nicht für aussagekräftig. Denn es sei nicht bekannt, ab welchem Wert ein ausreichender Immunschutz vorliege. „Im Immunsystem gibt es keine klaren Grenzen. Welcher Faktor entscheidend ist, kann von Mensch zu Mensch verschieden sein. Insgesamt tragen viele Faktoren zum Infektionsschutz bei, neben den Antikörpern eben vor allem die T-Zellen“.
Die in der Studie angewandten T-Zelluntersuchungen sind aber für die klinische Anwendung noch viel zu aufwändig. „Hier muss noch einiges in Forschung und Entwicklung investiert werden, um diese Organisatoren der Immunantwort auch im klinischen Alltag bestimmen zu können.“
Die Studie “The pre-exposure SARS-CoV-2 specific T cell repertoire determines immune response quality to vaccination” ist soeben im Fachmagazin “Immunity“ erschienen.