Mangel an bestimmten T-Zellen begünstigt schweren Covid-Verlauf

Forscher entdecken Besonderheit im Immunsystem von Menschen mit schweren COVID-19-Verläufen – Foto: © Adobe Stock/ fotomek
Eine Corona-Infektion trifft die einen schwer, andere verspüren nur leichte Symptome. Auch innerhalb der bekannten Risikogruppen wie alte Menschen oder solche mit Grunderkrankungen gibt es große Unterschiede hinsichtlich des Krankheitsverlaufs. Doch was unterscheidet diese Patienten?
Inzwischen gibt es mehrere Erklärungsansätze, warum Covid-19 bei manchen Menschen so schwer verläuft. Eine weitere Ursache hat nun die Immunologin Dr. Stefanie Kreutmair und ihr Team vom Institut für Experimentelle Immunologie der Universität Zürich gefunden.
Zu wenige Killer-T-Zellen im Blut
Das Forscherteam stellte in einer Studie fest: Bei Menschen, die einen schweren Covid-19-Verlauf erleiden, ist von Beginn an eine bestimmte Gruppe von T-Zellen im Blut spezifisch erniedrigt. Damit hat das Team einen potenziellen Biomarker identifiziert, der schon bei der Krankenhausaufnahme Hinweise auf einen schweren Verlauf geben kann. Die T-Zellen können mit einem Bluttest gemessen werden und könnten ein Frühwarnzeichen sein.
In der Studie haben die Forschenden die an der Immunabwehr beteiligten Zellen von 121 COVID-19-Patienten genauer untersucht. Die Ergebnisse wurden verglichen mit den Daten von 21 gesunden Menschen und mit denen von 25 Patienten, die an einer schweren, aber nicht durch SARS-CoV-2 verursachten Lungenentzündung erkrankt waren.
Alle Reserven des Immunsystems werden mobilisiert
Die Covid-19-Patienten zeigten in weiten Teilen ähnliche Erkrankungsabläufe und Immunreaktionen wie die Patienten mit schwerer Lungenentzündung anderer Ursache. Wie die Forscher berichten, werden „alle Reserven des Immunsystems mobilisiert.“ Dazu gehört etwa die Alarmierung des Knochenmarks, wo neue Abwehrzellen gebildet werden, die sogenannte „Notfall-Myelopoese“. In beiden Patientengruppen zeigten sich bei schweren Verläufen zudem Zeichen einer Immunparalyse, also einer Hemmung des Immunsystems.
Ausgezeichnete Arbeit
Mit einem neuartigen Analyseverfahren konnten die Forscher am Ende aber doch einen entscheidenden Unterschied zwischen den schwerkranken Patienten ausfindig machen. Die Covid-Patienten brachten einen Mangel einer bestimmten Gruppe von Killer-T-Zellen im Blut schon bei der Aufnahme in die Klinik mit. Für die Entdeckung dieser Besonderheit in der Immunreaktion erhält Stefanie Kreutmair in diesem Jahr den Theodor-Frerichs-Preis der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM). Der hoch angesehene Preis ist mit 30 000 Euro dotiert.
„Die Ergebnisse könnten unmittelbaren Einfluss auf die Behandlung von Patienten mit COVID-19 im Krankenhaus haben“, begründet DGIM-Generalsekretär Professor Georg Ertl die Preivergabe „Der Bluttest könnte helfen, das Risiko für einen schweren Verlauf frühzeitig zu erkennen. Diese Patienten könnten dann engmaschiger überwacht und frühzeitig spezifisch gegen SARS-CoV-2 behandelt werden.“