Coronavirus: Was bedeutet es für MS-Patienten?

Sind MS-Patienten stärker von Covid-19 bedroht als gesunde Menschen? Experten verneinen das. – Foto: ©shintartanya - stock.adobe.com
Die Corona-Pandemie löst viele Ängste und Unsicherheiten aus; das gilt insbesondere für Menschen mit Vorerkrankungen. Auch Patienten, die unter Multipler Sklerose (MS) leiden, sind davon nicht ausgenommen. Nicht selten wird davon ausgegangen, dass auch sie zu den sogenannten Risikogruppen zählen. Doch das stimmt nur bedingt. Denn grundsätzlich sind MS-Patienten nicht stärker gefährdet, an Covid-19 zu erkranken bzw. bei einer Infektion einen besonders schweren Verlauf zu erleiden.
Generell kein erhöhtes Risiko für Corona-Infektion bei MS
Interessanterweise scheint sogar das Gegenteil der Fall zu sein: Die momentan bekannte Zahl der in Deutschland mit dem Coronavirus infizierten Multiple Sklerose-Patienten liegt deutlich unter dem statistisch erwarteten Wert. Das berichtet die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG). Damit wird die Annahme unterstützt, dass kein primär erhöhtes Risiko für eine Corona-Infektion aufgrund einer MS-Erkrankung besteht.
Auf der Website der DMSG haben die Experten Professor Ralf Gold und Professor Judith Haas Stellung zum Thema MS und Corona bezogen. Sie bekräftigen die Annahme, dass MS-Erkrankte grundsätzlich nicht stärker gefährdet sind als gesunde Menschen.
Starke Behinderung kann Krankheitsverlauf erschweren
Liegt allerdings aufgrund der MS bereits eine stärkere Behinderung wie eine Rollstuhlpflichtigkeit oder Bettlägerigkeit vor, ist das Risiko für Atemwegsinfektionen erhöht. Grund dafür ist, dass bei diesen Patienten in der Regel die Belüftung der Lunge weniger gut ist. Das bedeutet zwar nicht, dass das Infektionsrisiko höher ist als bei Gesunden, aber das Risiko, bei einem Kontakt mit dem Coronavirus schwer zu erkranken, ist höher.
Einzelfallberichte zu MS-Erkrankten, die von einer Corona-Infektion betroffen sind, gibt es bislang allerdings nur sehr wenige. Aus diesen können, so die Experten, keine allgemeinen Rückschlüsse auf einen besonderen Verlauf bei MS-Erkrankten gezogen werden.
Vorsicht bei Cortison-Schubtherapie
Problematisch kann auch eine Schubtherapie mit Cortison sein, denn sie kann kurzfristig das Infektionsrisiko erhöhen. Bei einem Schub sollte daher sorgfältig abgewogen werden, ob eine Cortison-Pulstherapie nötig ist und wie sich der Betroffene gegebenenfalls vor einer möglichen Infektion besonders schützen kann. Von regelmäßigen in Intervallen verabreichten Cortison-Therapien raten die Experten zurzeit ab.
Bei den prophylaktischen, verlaufsmodifizierenden Therapien scheinen folgende Medikamente das Risiko für eine Infektion nicht zu erhöhen: Natalizumab (Tysabri), Dimethylfumarat (Tecfidera, jedenfalls solange die Lymphocytenzahlen normal sind) und Teriflunomide (Aubagio).
MS-Therapien können Infektionsanfälligkeit erhöhen
Von einem erhöhten Infektionsrisiko muss ausgegangen werden bei: Fingolimod (Gilenya), Siponimod (Mayzent), Ocrelizumab (Ocrevus), Rituximab (Mabthera), Cladribin (Mavenclad), Alemtuzumab (Lemtrada) und Mitoxantron. MS-Erkrankte, die auf diese Therapien eingestellt sind, sollten die Medikamente jedoch nicht absetzen, da dies die Krankheitsaktivität wieder erhöhen könnte. Therapeutische Neueinstellungen sollten zum jetzigen Zeitpunkt allerdings sorgfältig überlegt werden. Bei den Intervalltherapien kann zudem überlegt werden, ob die Interfalle verlängert werden können.
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