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Chefvirologe Dittmer: „Omikron wird so etwas wie die Grippe“

Mittwoch, 12. Januar 2022 – Autor:
Ausgerechnet in der fünften und voraussichtlich heftigsten Corona-Welle poppt eine weitere Welle auf: eine neuerliche Diskussion über ein mögliches Ende der Pandemie. Mit dem Chefvirologen der Uniklinik Essen, Ulf Dittmer, hat sich jetzt ein weiterer prominenter Mediziner in die Debatte eingeschaltet. Seine optimistische Prognose: Covid-19 wird seinen Schrecken verlieren und sich bei Gefährlichkeit und Todesfallrate der jährlich wiederkehrenden Grippe annähern.
Professor Ulf Dittmer - Universitätsmedizin Essen

Der Chefvirologe der Universitätsmedizin Essen, Prof. Dr. Ulf Dittmer, sieht kaum noch Möglichkeiten für gefährlichere Mutationen des Coronavirus. – Foto: DUP Unternehmer-Magazin/Universitätsmedizin Essen

Sinkende Inzidenzen, endlich genügend Impfstoff, gebrochene Corona-Wellen: Immer wieder haben sich führende Köpfe aus Politik, Medizin und Gesellschaft in den zurückliegenden Monaten dazu hinreißen lassen, ein baldiges Ende der Pandemie auszurufen. Solche euphorischen Prophezeiungen, dass „im nächsten Frühjahr alles vorbei“ sein oder das nächste Weihnachten wieder „wie früher“ gefeiert werde könnte, haben sich bisher nicht bewahrheitet – und viel Enttäuschung hervorgerufen. Trotzdem heißt das nicht, dass es diesmal nicht anders kommen könnte – erst recht, wenn die Prognose nicht einfach impulsivem Optimismus entspringt oder der psychologischen Beruhigung der Bevölkerung dient, sondern plausibel begründet ist.

Der Chefvirologe der Universitätsmedizin Essen, Prof. Dr. Ulf Dittmer, vertritt die These, dass ausgerechnet die hochinfektiöse und sich deshalb explosionsartig ausbreitende „Omikron-Variante“ dem Coronavirus auf Dauer seinen Schrecken nehmen dürfte: nicht, weil das Virus so von der Welt verschwinden würde, sondern weil es sich bei Gefährlichkeit und Sterblichkeit der jährlichen auftretenden Grippe annähern – und damit beherrschbar und handhabbar werden könnte.

Verbreitungslust hat für das Coronavirus Priorität

Dittmer geht davon aus, dass das Coronavirus mit seinen Mutationen vor allem bestrebt ist, sich schnell und überall zu verbreiteten – um den möglichen Preis, dass es seine Gefährlichkeit einbüßt.  „Es gibt evolutionär keinen Weg zurück zu einem tödlicheren Virus", sagt der Essener Chefvirologe bei „19 – die Chefvisite", dem Video-Podcast des Unternehmermagazins DUP,  mit Blick auf meist milde Krankheitsverläufe bei der Omikron-Mutation. Diese setze sich nicht in der tiefen Lunge, sondern in den oberen Atemwegen fest, um sich besser zu verbreiten. Diesen „Vorteil" werde das Virus nicht mehr aufgeben, so die Prognose des Virologen.

Omikron-Variante: Der Grippe „schon sehr angenähert“

Im Zuge dieser Selbstveränderung des Coronavirus habe sich die Zahl der Todesfälle durch Omikron den Auswirkungen einer typischen Influenza-Welle „schon sehr angenähert".

Dittmer: „Ohne Impfschutz hätten wir Leichenberge gesehen“

Weil die um sich greifende Mutation auch Geimpfte und Geboosterte befalle, könnten Impfgegner zwar behaupten, „am Ende Recht gehabt zu haben", so Dittmer. Ohne Impfschutz jedoch „hätten wir bei der Delta-Variante Leichenberge und dramatische medizinische Situationen gesehen", sagte der Virologe im DUP-Video-Podcast.

„Impfung nur mit speziellem Omikron-Impfstoff sinnvoll“

Von einer vierten Impfung mit dem bisher verfügbaren – und auf frühere Coronavirus-Varianten zugeschnittenen – Impfstoff ist Dittmer aktuell nicht überzeugt. Eine Impfung sei nur sinnvoll mit „an Omikron angepassten Impfstoffen". An deren Entwicklung und Produktion arbeiten die Hersteller derzeit mit Hochdruck. Damit sollten dann vor dem nächsten Winter insbesondere Risikogruppen geschützt werden – „sehr analog zur Grippeimpfung“, sagte Dittmer weiter.

Omikron-Debatte: Gesundheitsminister warnt vor „Naivität"

Die Debatte um die „Omikron"-Variante und ein mögliches Ende der Corona-Pandemie hat im öffentlichen Diskurs zu großen Kontroversen geführt. Erst vor wenigen Tagen mahnte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vor vorschnellen Heilsprognosen. „Der Glaube, dass die Omikron-Variante das Ende der Pandemie ist, ist naiv“, sagte er im Interview mit der Zeitung „Die Welt“. Darin widersprach er auch der jetzt von Ulf Dittmer vertretenen These von der Endgültigkeit des Virus durch Omikron. Niemand könne garantieren, „dass sich demnächst nicht eine Variante entwickelt, die sehr viel gefährlicher ist“. Ebenso wenig sei sicher, dass eine Omikron-Infektion auch gegen künftige Virusvarianten einen Immunschutz biete.

Ex-WHO-Funktionär sieht ebenfalls Pandemie-Ende in Sicht

Kurz vor Lauterbachs Warnung hatte ein anderer prominenter Virologe eine ähnlich optimistische Prognose öffentlich abgegeben wie nun Ulf Dittmer: „Wenn man sich anschaut, wie sich die Viren in den letzten Monaten entwickelt haben, ist es ein deutlicher Schritt Richtung Ende der Pandemie", sagte der ehemalige Leiter des Globalen Influenza-Programms für die Weltgesundheitsorganisation WHO, Klaus Stöhr, dem TV-Sender Phoenix.

Das „DUP Unternehmer-Magazin", in dem der Essener Virologe Dittmer sich jetzt positioniert hat, versteht sich als Leitmedium für die digitale und die Klima-Transformation. Herausgegeben wird es von der ehemaligen Bundesjustiz- und -wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD). Das Magazin unterhält einen eigenen Video-Podcast zur publizistischen Begleitung der Corona-Pandemie. Unter dem Titel  „19 – die Chefvisite" spricht der Chef der Uniklinik Essen, Prof. Dr. Jochen Werner, zusammen mit dem Publizisten Jens de Buhr und wechselnden Gästen von Montag bis Freitag über aktuelle Entwicklungen bei Covid-19.

Hauptkategorie: Corona
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