Arthrose: Physiotherapie kann Gelenkersatz hinauszögern

Arthrose nicht gleich operieren, erst konservative Möglichkeiten ausschöpfen, lautet das Fazit einer neuen Studie – Foto: ©New Africa - stock.adobe.com
Eine Arthrose (englisch Osteoarthritis) in Hüfte oder Knie kann sehr schmerzhaft sein. Das Gehen wird immer beschwerlicher, so dass die Patienten häufig einen Gelenkersatz bekommen. Oft vorschnell, wie eine neue Studie aus Norwegen zeigt, die soeben auf dem Rheumakongress EULAR vorgestellt wurde. Denn mit einem speziellen Bewegungsprogramm kann die Lebensqualität deutlich verbessert und der Gelenkersatz häufig hinausgezögert werden.
„Vor der Implantation eines künstlichen Gelenkersatzes von Hüfte und Knie sollten möglichst alle nicht-operativen Behandlungsmöglichkeiten zur Anwendung kommen“, sagt EULAR-Präsident Professor Dr. med. Iain B. McInnes aus Glasgow, Schottland. Doch in vielen Fällen schöpften Ärzte und Patienten nicht das gesamte konservative Therapiespektrum aus.
Studiendesign
In der Studie wurde ein spezielles Bewegungsprogramm untersucht, das auf Basis internationaler Behandlungsempfehlungen von Osteoarthritis (OA) von Hüfte und Knie entwickelt wurde. Die Patienten wurden zunächst drei Stunden geschult und führten dann für acht bis zwölf Wochen unter Anleitung eines Physiotherapeuten die individuell zugeschnittenen Übungen durch. Die Kontrollgruppe bestehend aus 109 Arthrose-Patienten setzte anschließend ihre übliche Standardbehandlung fort, die Interventionsgruppe machte mit dem Spezialprogramm weiter.
Zwölf Monate später wurden alle Studienteilnehmer wieder untersucht und zu ihren Beschwerden befragt. Zudem wurde erfasst, ob zwischenzeitlich eine Gelenkersatzoperation durchgeführt wurde.
Weniger Operationen nötig
Die Behandlungsgruppe schnitt in allen Punkten besser ab: Die Patienten waren zufriedener mit der Behandlung, führte das Behandlungsprogramm konsequenter durch und musste seltener einen Orthopäden aufsuchen. Während elf Prozent der Kontrollgruppe im Beobachtungszeitraum ein Gelenkimplantat bekam, waren es in der Interventionsgruppe nur vier Prozent.Ein signifikanter Unterschied, der nahelegt, dass oft vorschnell operiert wird.
„Die Implementierung eines strukturierten Modells für die Arthrose-Versorgung führte zu einer verbesserten Qualität der Versorgung, höherer Zufriedenheit der Patienten und höherer körperlicher Aktivität trotz Arthrose“, fasst Ko-Studienautorin Tuva Moseng, Ko-Studienautorin vom Diakonhjemmet Hospital in Oslo zusammen. Erfreulich sei auch die lange Nachhaltigkeit von mindestens zwölf Monaten des Programms. „Es deutet außerdem viel darauf hin, dass dadurch die Notwendigkeit einer Operation hinausgezögert oder gar reduziert werden kann.“
EULAR-Chair Professor Dr. John Isaacs von der Newcastle University, Großbritannien, forderte die konservative Versorgung zum Standard für alle Betroffenen mit Arthrose zu machen. „Einmal mehr sehen wir, wie wichtig und wirkungsvoll eine konsequente konservative Therapie für unsere Arthrose-Patienten ist.“
Die Studie: Nina Osteras, Tuva Moseng et al.: Higher quality of care and less surgery after implementing osteoarthritis guidelines in primary care– long-term results from a cluster randomized controlled trial, DOI: 10.1136/annrheumdis-2020-eular.3575 3575
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