Ärzte: Krebs-Medikamente zweimal unter die Lupe nehmen
Etwa ein Viertel der jährlich neuzugelassenen Wirkstoffe sind für die Krebsbehandlung gedacht. Der Vorsitzende der AkdÄ Professor Wolf-Dieter Ludwig begrüßt, dass für die Patienten dadurch neue Therapieoptionen zur Verfügung stehen. „Allerdings lässt sich zum Zeitpunkt der Markteinführung der therapeutische Stellenwert von neuen onkologischen Arzneimitteln häufig nur begrenzt bestimmen“, so Ludwig. Als Gründe dafür nennt der Arzneimittelexperte Mängel in den für die Zulassung relevanten klinischen Studien, aber auch fehlende Erfahrung in der breiten Anwendung des neuen Arzneimittels im Versorgungsalltag. „Deshalb ist gerade in der Onkologie neben der frühen auch eine späte Nutzenbewertung – beispielsweise zwei bis drei Jahre nach Markteinführung – eine wichtige Voraussetzung für die Bewertung des Zusatznutzens“, so Ludwig.
Nutzenbewertung von Arzneimitteln ist etabliert
Bei der Frühen Nutzenbewertung entscheiden seit 2011 Ärzte, Kliniken und Krankenkassen im Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) über den Zusatznutzen von Arzneimitteln, die neu auf den Markt kommen. Grundlage ihrer Entscheidung ist ein Vergleich mit bereits verfügbaren Arzneimitteln und eine Analyse von Studien, die das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) für den GBA erarbeitet.
Bis Ende 2014 sind knapp 100 dieser Nutzenbewertungen durchgeführt worden. In etwa 60 Prozent der Verfahren wurde nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) kein Zusatznutzen festgestellt. Bei den positiv bewerteten Medikamenten zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den medizinischen Fachgebieten. Drei Viertel der mit „beträchtlicher Zusatznutzen“ bewerteten Arzneimittel stammen laut DGHO aus der Krebs- und der Infektionsforschung.
Krebsmediziner fordern Fortentwicklung des Verfahrens
Die DGHO hat gemeinsam mit 19 anderen medizinischen Fachgesellschaften und der AkdÄ die bisher durchgeführten Nutzenbewertungen analysiert. Auf dieser Basis plädiert sie für eine Weiterentwicklung des Prozesses. Sie attestieren dem Verfahren Stringenz und eine zusätzliche Transparenz über neue Arzneimittel. Änderungsbedarf sehen die Onkologen jedoch unter anderem bei der Festlegung der zweckmäßigen Vergleichstherapie, der Bewertung patientenrelevanter Endpunkte und beim Umgang mit fehlenden Studiendaten. Zudem plädieren sie für eine engere Einbeziehung von medizinischen Fachgesellschaften und Patientenorganisationen.
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