Wirkstoff gegen kreisrunden Haarausfall mit Erfolg eingesetzt

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Auf der Oscar-Verleihung führte ein Witz über die kahl rasierte Schauspielerin Jada Pinkett Smith zu Handgreiflichkeiten. Sie leidet an Alopecia areata (kreisrunder Haarausfall). Ein Wirkstoff wurde jetzt mit Erfolg dagegen eingesetzt.
Zugleich haben Forscher des Bispebjerg Hospitals in Kopenhagen 1.494 erwachsene Patienten mit bestätigter Alopecia areata (AA) in eine neugegründete Kohorte aufgenommen, um die Krankheit systematischer zu erforschen. Es wurden Daten zu Alter, Geschlecht, Größe, Gewicht, Rauchen, Alkohol-Konsum, Bewegungsaktivitäten, Hauttyp, Beginn und Entwicklung der Erkrankung, gesundheitsbezogener Lebensqualität und selbstberichtetem Schweregrad gesammelt.
Erkrankungsbeginn im Schnitt mit Mitte 30
Das mittlere Alter des Erkrankungsbeginns betrug in der dänischen Kohorte 32,7 Jahre. 67 Prozent waren Frauen. 47 Prozent haben nie geraucht, doch auch bei den ehemaligen oder aktiven Rauchern gab es keine Hinweise auf ein erhöhtes Risiko. 47 Prozent hatten ein normales Gewicht, doch auch bei den übergewichtigen Probanden ergab sich kein erhöhtes Risiko für AA.
Insgesamt erhielten 72,4 Prozent der Patienten ihre Diagnose innerhalb eines Jahres nach Auftreten der Symptome. Die Diagnose erfolgte durch einen Dermatologen. 66,9 Prozent gaben an, innerhalb der letzten 12 Monate weiterhin Symptome von AA zu haben. Insgesamt 12 Prozent hatten ein Familienmitglied ersten Grades, das an AA litt.
Keine oder kaum Wimpern und Augenbrauen
Insgesamt fehlten 31,4 Prozent der Patienten alle oder fast alle Haare auf ihrer Kopfhaut, 32,2 Prozent hatten keine oder kaum Wimpern und 36,2 Prozent hatten keine oder kaum Augenbrauenhaare.
Die Lebensqualität der AA-Patienten ist stark beeinträchtigt, das zeigten bereits vorangegangene Studien. Die Erkrankung bringt eine erhebliche psychische Belastung mit sich, heißt es weiter in der Untersuchung, die im Fachmagazin BMJ Open veröffentlicht wurde.
Wirkstoff gegen kreisrunden Haarausfall mit Erfolg eingesetzt
Die genaue Pathophysiologie von AA ist unbekannt, es wird jedoch angenommen, dass es sich um eine Autoimmunreaktion handelt, bei der Haarfollikel in eine vorzeitige Ruhephase eintreten, was zu dem Haarausfall führt. Seit einiger Zeit wird mit Erfolg eine neue Wirkstoffklasse zur Behandlung von AA eingesetzt: JAK-Inhibitoren. Darüber berichtete Prof. Michael Hertl, Präsident der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft, auf dem DDG-Kongress im Februar 2022.
Der kreisrunde Haarausfall gehört neben Neurodermitis, Psoriasis und Vitiligo zu den entzündlichen Dermatosen. An diesen sind proinflammatorische Zytokine beteiligt. Diese Signalstoffe spielen bei der Immunabwehr eine Rolle. Sie sind aber auch ursächlich bei der Entstehung von Autoimmunkrankheiten.
JAK-Inhibitoren aussichtsreich bei Alopecia
"Wenn es gelingt, entzündungsfördernde Zytokinkaskaden zu stoppen, hat das unmittelbar eine Wirkung auf die Entzündungsreaktion", erklärt Hertl. JAK-Inhibitoren richten sich gleich gegen mehrere Zytokine. Sie werden bereits erfolgreich bei rheumatoider Arthritis eingesetzt; bei mittelschwerer bis schwerer Neurodermitis und Psoriasis erbrachten sie ebenfalls überzeugende Ergebnisse.
"Aussichtsreich sind diese Systemtherapeutika aber auch bei Alopecia areata", erklärt der Direktor der Klinik für Dermatologie und Allergologie am Universitätsklinikum Marburg. In einer Metaanalyse mit JAK-Hemmern bei Alopecia areata sprachen 72,4 Prozent der Patienten auf die Therapie an, davon 45,7 Prozent mit gutem (50 bis 100 Prozent Nachwachsen der Haare) und 21,4 Prozent mit partiellem Ansprechen (5 bis 50 Prozent Nachwachsen der Haare). Alle Teilnehmer hatten zu Beginn einen über 50-prozentigen Haarausfall auf der Kopfhaut.
Mögliche Nebenwirkungen: Atemwegsinfektionen
Die Behandlung über 24 Wochen war effektiv und gut verträglich, heißt es weiter in einem Kongress-Bericht des Berufsverbands der deutschen Dermatologen. Zu den möglichen Nebenwirkungen zählten Infektionen im Nasen- und Rachenraum oder in den Atemwegen sowie Harnwegsinfektionen, Magendarm-Beschwerden und Akne. "Wenn eine Infektion akut ist, soll die Therapie mit JAK-Inhibitoren pausiert werden", so Hertl. Das gehe aber durch die orale Applikation und kurze Halbwertzeit der Medikamente sehr gut, ergänzt der DDG-Präsident.