Wie die Notaufnahmen entlastet werden sollen

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Nicht zuletzt während der akuten Erkältungswelle zeigten sich Engpässe in der Notfallversorgung. Rettungsdienste waren überlastet, Notaufnahmen in den Krankenhäusern überfüllt. Das Bundesgesundheitsministerium will sie entlasten und plant eine entsprechende Reform. Das Konzept stammt von einem Sachverständigenrat.
Das derzeitige System weise Schwächen auf, heißt es in der Analyse der Experten. Die ambulanten Angebote der Kassenärztlichen Vereinigungen reichten vielerorts nicht für eine umfassende ambulante Akut- und Notfallversorgung rund um die Uhr aus.
Mehr Patienten in der Notaufnahme, weniger beim Notarzt
Dazu kommt: Die Gesamtzahl der durch den KV-Bereitschaftsdienst und in den Notaufnahmen der Krankenhäuser behandelten Patienten nahm von 24,9 Millionen im Jahr 2009 auf 27,8 Millionen im Jahr 2019 zu (plus 12 Prozent). Die Anzahl der darunter vom KV-Bereitschaftsdienst (Notarzt) behandelten Hilfesuchenden hat von 10,1 Millionen 2009 auf 8,8 Millionen 2019 abgenommen (minus 12 Prozent).
Seitens der Krankenhäuser wird zunehmend eine Fehlinanspruchnahme der Notaufnahmen beklagt, zum Beispiel durch Hilfesuchende, die mit dem deutschen Gesundheitssystem nicht vertraut sind, aufgrund des wachsenden 24/7-Anspruchs, wegen zu langer Wartezeiten oder unzureichender interdisziplinärer Versorgung im ambulanten Bereich.
Echte und vermeintliche Notfälle sollen nicht getrennt werden
Gravierend sei außerdem der Mangel und der zunehmende Verlust an qualifiziertem Personal in den Kliniken. Vulnerable Gruppen seien besonders stark von der Fehlsteuerung und Fehlversorgung betroffen. Es entstehen Drehtüreffekte dadurch, dass Personen nicht adäquat versorgt werden und in der Folge immer wieder das Notfallversorgungssystem in Anspruch nehmen ("Frequent Caller" und "Frequent User").
Keine Lösung sei es, "echte" und vermeintliche Notfälle zu trennen. Der Notruf 112 oder die Notaufnahme von Krankenhäusern beinhalten keine Zugangsbarriere und werden deswegen immer von einem großen Spektrum Hilfesuchender in Anspruch genommen werden, schreiben die Experten weiter.
Wie die Notaufnahmen entlastet werden sollen
Die Hilfesuchenden definieren für sich selbst den Notfall und befinden sich in der Regel in einer persönlichen Ausnahmesituation. Es wird daher darauf ankommen, dass die Notfall- und Akutversorgung rund um die Uhr in der Lage ist, Hilfesuchende unmittelbar zielgerichtet zur richtigen Versorgung zu steuern. Die Hilfesuchenden definieren den Notfall, das System die Reaktion darauf.
Die Lösungsvorschläge des Sachverständigenrates hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für seine Reformpläne übernommen. Die Notaufnahmen soll zum einen durch eine gemeinsame Leitstelle der Kassenärzte mit der Notarzt-Nummer 116117 und der Notfallrettung durch die Feuerwehr mit der 112 entlastet werden (Integrierte Leitstelle). Am Telefon oder per Telemedizin soll es eine erste Einschätzung geben, danach werden die Patienten der passenden Notfallbehandlung zugewiesen.
Niedergelassene Ärzte übernehmen Notfallpraxis in Kliniken
Neben der Notaufnahme soll es im Krankenhaus eine Notfallpraxis niedergelasser Ärztinnen und Ärzte geben (Integrierte Notfallzentren). Ein relevanter Anteil von Hilfesuchenden könnte auch hier behandelt werden, so die Sachverständigen. Sie sind nicht rund um die Uhr aber bis in den Abend hinein und an den Wochenenden geöffnet. An Berliner Kliniken gibt es bereits solche Praxen.
Zudem sollen integrierte Notfallzentren für Kinder- und Jugendmedizin an Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin sowie Krankenhäusern mit einer pädiatrischen Abteilung aufgebaut werden.