Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Wenn die Seele Zahnschmerzen macht

Freitag, 8. Februar 2019 – Autor:
Zahnschmerzen ohne körperlichen Befund oder nächtliches Zähneknirschen sind oft ein Hilferuf der Seele. Stress, Ängste oder unbewältigte innere Konflikte können Ursachen für solche psychosomatischen Beschwerden sein. Helfen können hier spezialisierte Zahnärzte und Psychotherapeuten.
Mann steckt sich Anti-Knirsch-Kunststoffschiene an den Oberkiefer

Zähne und Psyche stehen in einer Wechselwirkungsbeziehung. Um bei Knirschen die Zahnsubstanz vor Schäden zu schützen, kann eine individuell angefertigte Kunststoffschiene helfen. – Foto: ©Andrey Popov - stock.adobe.com

Karies, freiliegende Zahnhälse, der Durchbruch von Kinder- oder Weisheitszähnen: All das kann richtig weh tun - höllisch sogar. Aber die Ursache ist in diesen Fällen meist schnell gefunden, weil man sie sehen und lokalisieren kann. Zahnschmerzen können aber auch auftreten, obwohl Zähne, Zahnfleisch und Kiefer völlig gesund sind. Dann strahlt der Schmerz von anderen Körperpartien in die besonders empfindliche Mundpartie aus: von einer entzündeten Nasennebenhöhle bei einer Erkältung im Winter; aus Richtung Ohr bei einer Mittelohrentzündung; und in seltenen Fällen sogar aus dem Brustkorb bei Herzerkrankungen. Als dritte Form existiert schließlich eine phantomhafte Sorte von Zahnschmerzen: Diese verursachen Leid, obwohl der Zahnarzt überhaupt keine körperlichen Ursachen feststellen kann.

Zahnprobleme können einem rund um die Uhr das Wohlbefinden rauben und einem aufs Gemüt schlagen. „Was viele nicht wissen: Das trifft auch umgekehrt zu“, heißt es in einer Infobroschüre der Zahnärztekammer Berlin zur psychosomatischen Form von Zahnschmerzen. „Wenn man im Alltag unter Druck steht oder von Ängsten geplagt ist, genervt von Problemen oder Überlastung, wenn man sich nicht mehr wohlfühlt – dann bekommen dies oft auch die Zähne zu spüren.“ Nicht umsonst habe der Volksmund einige treffende Weisheiten zum Thema Seele und Zähne hervorgebracht: verbissen an eine Aufgabe herangehen, sich durch ein Problem durchbeißen, oder tapfer die Zähne zusammenbeißen. Wenn Stress, Kummer oder Ängste zu lange verdrängt statt verdaut werden, kann es sein, dass sich die geplagte Psyche durch physische Beschwerden Gehör verschafft – zum Beispiel durch Schmerzen in den Zähnen.

Zähneknirschen gefährdet die Zahnsubstanz

Knirschen: Nicht bewältigte Stress-Situationen können zu Knirschen oder angespanntem Zusammenpressen der Zähne führen. Fast alle Menschen Knirschen gelegentlich mit den Zähnen.Dies geschieht meist unbewusst – tagsüber in Stressituationen, die an frühere erinnern, und nachts im Schlaf bei inneren Verarbeitung von inneren Themen und Problemen. Etwa fünf Prozent der Deutschen knirschen allerdings so stark, dass es die Zähne angreift. Erst werden die Höcker auf den Zähnen abgerieben, später der Zahn selbst. Zähne können sich lockern und ausfallen.

Die Muskeln im Mund gehören zu den stärksten im menschlichen Körper überhaupt. Beim Knirschen oder Zusammenpressen der Zähne werden enorme Kräfte frei. Auf den Backenzähnen kann hier leicht ein Druck von über 400 kg entstehen – das Zehnfache wie im Normalfall. Die Zahnwurzeln im Kiefer werden extrem belastet und drücken auf den Knochen, die Kaumuskulatur verspannt und verhärtet sich. Anhaltende Kiefergelenk-, Gesichts- oder Kopfschmerzen können die Folge sein. Bei einer zahnärztlichen Untersuchung wird man wahrscheinlich keine Ursachen finden. Die Zahnprobleme sind hier Folge, nicht Ursache der seelischen Verspannung.

Behandlungsmöglichkeiten: Zahnmedizinisch können die Zähne mit einer Kunststoff-Schiene geschützt werden, die nachts zwischen die Zahnreihen von Ober- und Unterkiefer gesteckt wird. Mit psychotherapeutischer Hilfe können die Belastungen und der Stress erkannt und abgebaut oder in eine andere, nicht gesundheitsschädliche Richtung zum Abreagieren umgelenkt werden.

Stress und seine Folgen für die Mundgesundheit

Stress reduziert die Speichelproduktion, die Remineralisation der Zähne verändert sich. Die Zähne werden dadurch anfälliger für Karies. Durch die verminderte Speichelproduktion steht auch weniger Immunglobulin A (Antikörper) zur Verfügung, dadurch entstehen leichter Entzündungen (zum Beispiel am Zahnfleisch). Gleichzeitig steigt der Anteil eines Immunbestandteils (Interleukin- 1Beta) an, der die Knochenzerstörung fördert und zu Parodontose führen kann.

Anhaltende und unerklärbare Schmerzen

Zunge oder Zahnfleisch „brennen“. Eine Kieferseite ist nicht schmerzfrei belastbar, obwohl kein Zahn auf Drucktest reagiert. Wenn zahnärztliche wie ärztliche Diagnose nichts ergeben, spricht vieles für eine Fehlprogrammierung im Schmerzgedächtnis. Hier können geeignete psychotherapeutische Verfahren helfen. Es kommt vor, dass der Zahnarzt trotz sorgfältiger Untersuchungen keine organischen Ursachen für ein zahnmedizinisches Problem findet und eine ambulante Psychotherapie angeraten ist

Wechselwirkung Psyche-Zähne: Hier gibt es Hilfe

Patientenberatungsstelle „Seele und Zähne“:

Wenn Zahnärzte oder Psychotherapeuten vermuten, dass hinter den zahnmedizinischen Symptomen des Patienten seelische Konflikte stehen oder hinter seelischen Belastungen zahnmedizinische Aspekte, hilft kostenfrei die bundesweit erste  fachübergreifende
Beratungsstelle „Seele und Zähne“. Zahnärztehaus Berlin-Halensee. Terminvereinbarungen: 030 89 00 4-00

Zahnärzte mit psychosomatischer Kompetenz:

Zahnarztpraxen, die dem Thema Psychosomatik besonders vertraut sind,
sind auf der Website der Zahnärztekammer Berlin zu finden: Stichwort ‚Zahnarztsuche’, im Feld „Detailsuche/alle Tätigkeitkeitsschwerpunkte“ den Begriff „Psychosomatik“ anklicken.

Psychotherapeuten mit Expertise in Zahn-Themen:

Es gibt auch Psychotherapeuten, die auf psychosomatische Probleme im Zusammenhang mit Zähnen spezialisiert sind. Bei der Psychotherapeutensuche hilft das Servicetelefon der Psychotherapeutenkammer Berlin (Tel. 030 887140-20, dienstags von 14 bis 17 Uhr und donnerstags von 10 bis 13 Uhr).

Der "Tag der Zahnschmerzen" ist ein weltweiter Aktionstag und findet jedes Jahr am 9. Februar statt.

Foto: Fotolia.com/Andrey Popov

Hauptkategorie: Medizin

Weitere Nachrichten zum Thema Zahnbeschwerden

26.06.2020

Karies macht Zahnschmerzen. Und die Behandlung beim Zahnarzt mit Karies-Entfernung und Füllung sollte das Problem normalerweise lösen. Zähne können aber auch nach der Behandlung weiter weh tun. Was die Ursachen sein können – und was man tun kann und sollte.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Kliniken
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin