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Zähneknirschen: Ernste Folgen für die Gesundheit möglich

Sonntag, 16. Juni 2019 – Autor: anvo
Zähneknirschen kann vielfältige Ursachen haben – häufig steckt emotionaler Stress dahinter. Schutzmaßnahmen sind wichtig, denn Zähneknirschen kann der Gesundheit ernsthaft schaden.
Zähneknirschen, Bruxismus, Aufbissschiene

Etwa jeder fünfte Deutsche soll von Zähneknirschen betroffen sein – Foto: ©bidaya - stock.adobe.com

Fast jeder kennt es: das gelegentliche Aufeinanderbeißen der Zähne. Bei Anspannung, Wut oder Schmerz kann es vorkommen. Doch wer dauerhaft mit den Zähnen „knirscht“, dem drohen ernsthafte Folgen für die Gesundheit. Nun ist die erste deutsche Leitlinie zum Zähneknirschen (Bruxismus) erschienen.

„Das Zähneknirschen selbst wird nicht als Krankheit angesehen, es kann jedoch ernsthafte Folgen für die Gesundheit der Zähne, Kaumuskulatur und Kiefergelenke haben“, fasst die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Funktionsdiagnostik und -therapie (DGFDT), Prof. Dr. Ingrid Peroz (Charité Berlin), die Ergebnisse zusammen. Die S3-Leitlinie wurde von über 30 Fachgesellschaften und Institutionen erarbeitet. Diese Zusammenfassung der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse soll zu mehr Sicherheit beim Umgang mit dem Phänomen Bruxismus beitragen.

Stress als Ursache für Bruxismus wahrscheinlich

Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) sind die Ursachen für Bruxismus noch nicht eindeutig identifiziert. Während man früher noch annahm, dass fehlerhafte Zahnkontakte Auslöser seien, stehen heute zentrale Faktoren im Vordergrund, wie emotionaler Stress, Angststörungen, Schlafstörungen (z. B. Insomnie), Reflux, Nikotin-, Alkohol-, Koffein- und Drogenkonsum, Nebenwirkungen von Medikamenten oder genetische Faktoren.

Wachbruxismus scheint eher psychologisch bedingt (emotionaler Stress und andere emotionale Faktoren), während Schlafbruxismus eher als zentralnervöse Störung angesehen wird. Es wird diskutiert, dass Bruxismus eine stressabbauende Funktion hat. Dies wäre eine Erklärung für eine physiologische Funktion des Bruxismus in Zusammenhang mit Stress.

Bruxismus kann durchaus auch protektive Auswirkungen auf die Gesundheit haben. So tritt er häufig in Verbindung mit schlafbezogenen Atmungsstörungen auf (z. B. Schlafapnoe), wobei die Muskelanspannungen die oberen Atemwege offenhalten. Bei Sodbrennen (Reflux) bewirkt Bruxismus eine vermehrte Speichelproduktion und damit eine Reduktion der Säurewirkung.

Zähneknirschen schadet Zähnen, Muskeln und Gelenken

Dennoch drohen durch das Zähneknirschen vielfältige Schäden. An den Abriebstellen verlieren die Zähne Substanz, was zu Rissen im Zahnschmelz und überempfindlichen Zähnen führen kann. Auch das Zahnbett wird durch die massive Reibung beeinträchtigt, und das Zahnfleisch kann sich in der Folge zurückziehen. Kommt es dann zu bakteriellen Entzündungen, können sich die Zähne sogar lockern und ausfallen.

Eine weitere Folge des Zähneknirschens sind Schmerzen im Gesicht und im Kiefer aufgrund der starken Verspannung der Kaumuskeln. Auch Hals- und Nackenmuskeln können durch das Zähneknirschen verspannen. Ebenfalls häufig sind Funktionsstörungen an den Kiefergelenken (craniomandibuläre Dysfunktionen). In schweren Fällen kann es zu einer Kiefergelenksperre kommen.

Sorgfältige Anamnese wichtig

Der Arzt kann Anzeichen für Bruxismus aufdecken. Erste Hinweise liefern Berichte von Patienten, die beispielsweise von ihrer Familie oder ihrem Partner auf Knirschgeräusche im Schlaf aufmerksam gemacht werden oder nachts mit zusammengebissenen Zähnen erwachen. Typische Anzeichen wie Schäden und Abnutzungserscheinungen an den Zähnen, Schmerzen in der Kaumuskulatur und Berichten über kurzzeitige Schwierigkeiten bei der Mundöffnung oder im Tagesverlauf auftretender Überempfindlichkeit der Zähne ergänzen das Bild.

Die klinische Untersuchung beginnt mit der Beurteilung der Kaumuskulatur. Es folgt eine Bestandsaufnahme der durch das Knirschen und Pressen verursachten Schäden an der Zahnhartsubstanz und die Bewertung des Zahnabnutzungsgrades.

Aufbissschienen und Biofeedback können helfen

Da gegenwärtig keine Therapie zur Heilung oder zur Beseitigung von Bruxismus bekannt ist, zielt die Behandlung vor allem auf den Schutz der Zähne und der Restaurationen, die Reduktion der Bruxismusaktivität und die Linderung von Schmerzen ab, so die DGZMK. Als Interventionsmaßnahmen werden Aufklärung/Beratung, Schienen, Verhaltenstherapie und Biofeedback empfohlen. Auch Botulinumtoxin-Injektionen können erwogen werden.

Bruxismus gilt als eine Ursache für die übermäßige Abnutzung der Zähne. Ob und wann eine zahnärztliche Intervention eingeleitet werden muss, hängt neben dem Grad der Abnutzung und der Anzahl der betroffenen Zähne auch vom Alter der Patienten, der Abnutzungsgeschwindigkeit und der Art der auslösenden Faktoren ab.

Foto: © bidaya - Fotolia.com

Hauptkategorie: Medizin
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