Warum Covid-19-Verläufe bei Älteren oft schwerer sind

Dreidimensionales Molekularmodell des körpereigenen Proteins Interferon, das bei der Immunabwehr von Coronavirus-Intektionen eine zentrale Rolle spielt. – Foto: AdobeStock/Kateryna_Kon
Eine im Alter beeinträchtigte Immunreaktion, die Produktion von antiviralen Interferonen, dürfte dafür verantwortlich sein, dass Patienten in fortgeschrittenem Alter anfälliger für schwere Covid-19-Verläufe sind. Das haben Forscher der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg im Tierversuch mit Mäusen herausgefunden. Nach Angaben der Wissenschaftler war bisher unklar, welche altersabhängigen Veränderungen dafür verantwortlich sind, dass ältere Patienten sehr viel anfälliger für schwere Covid-19-Verläufe sind.
Immunabwehr: Ältere Körper bilden weniger Infterferone
Die Studie, die soeben im Fachmagazin „Journal of Experimental Medicine“ (JEM) veröffentlicht wurde, zeigt, dass ältere Mäuse, die mit dem Sars-Coronavirus-2 infiziert sind, weniger dieser im Körper antiviral wirkenden Interferone bilden. Zugleich erwies sich innerhalb des Forschungsprojekts, dass sie durch eine Behandlung mit medikamentösen Interferonen umgekehrt aber auch vor einer schweren Erkrankung geschützt werden können. „Dies legt die Annahme nahe, dass der klinische Einsatz von Interferonen bei älteren Covid-19-Erkrankten sehr wirksam sein könnte“, heißt es in einer Mitteilung des Universitätsklinikums Freiburg.
Coronavirus-Infektion: Wie junge und alte Körper reagieren
„Wir fanden heraus, dass jüngere Tiere eine sehr schnelle und gut koordinierte angeborene und adaptive Immunantwort aufbauen, um die Virusinfektion effektiv abzuwehren, während alte Tiere eine reduzierte, verzögerte und ineffiziente entzündliche Reaktion aufwiesen", erklärt Studienleiter Daniel Schnepf vom Institut für Virologie des Universitätsklinikums Freiburg.
Interferone: Dirigenten der Immunantwort
Die Reaktion des Immunsystems auf Sars-CoV-2 wird von einer Gruppe antiviraler Signalproteine, den Interferonen, koordiniert. Diese tragen dazu bei, die Vermehrung des Virus zu stoppen. Gleichzeitig sind sie an der Aktivierung verschiedener Immunzellen beteiligt, die dabei helfen das Virus aus dem Körper zu entfernen. Es gibt drei verschiedene Arten von Interferonproteinen, diese sind als Typ I, II und III bekannt. Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu 20 Prozent der Sars-CoV-2-bedingten Todesfälle auf Defekte in der Interferon-Signalübertragung zurückzuführen sind, etwa aufgrund von genetischen Mutationen oder Auto-Antikörpern, die den korrekten Ablauf einer Interferonantwort verhindern.
Interferone als Medizin gegen schwere Corona-Fälle im Alter
Die Freiburger Forscher stellten fest, dass die Typ-I und Typ-II-Interferonantworten bei alten Mäusen stark reduziert ausfielen, was wiederum die ungehemmte Virusvermehrung erklärte. Sie zeigten weiterhin, dass eine therapeutische Behandlung mit Typ-II-Interferon in Kombination mit dem besonders gut verträglichen Typ-III-Interferon effizient schwere Krankheitsverläufe in besonders vulnerablen Mäusen mit hohem Alter und genetischen Immundefekten verhindern konnte.
Forschungsergebnisse – übersetzt in eine Behandlungsstrategie
Forscher übersetzen „Unsere Daten zeigen, dass eine gestörte Interferon-vermittelte Immunantwort für die hohe SARS-CoV-2-Sterblichkeit älterer Mäuse und möglicherweise auch älterer Menschen verantwortlich sein kann", sagt Studienleiter Daniel Schnepf vom Institut für Virologie des Universitätsklinikums Freiburg. Arbeitsgruppenleiter Prof. Dr. Martin Schwemmle ergänzt: „Durch unsere Forschung haben wir die altersabhängige Beeinträchtigung der Typ-I- und Typ-II-Interferon-Reaktionen als kritischen Pathomechanismus identifiziert, der SARS-CoV-2 für alte Individuen besonders gefährlich macht.“ Die Forscher nehmen für sich in Anspruch, diese Erkenntnisse auch gleich erfolgreich in eine Behandlungsstrategie übersetzt zu haben, die die Sterblichkeit durch Sars-CoV-2 in einem hochsensiblen Krankheitsmodell verhindert.