Vorsicht mit Magnesium-Präparaten

Nahrungsergänzungsmittel werden häufig geschickt in Arzneimittel-Optik vermarktet. Anders als bei Arzneien können Hersteller die Dosis hier beliebig festlegen – auch unter Nicht-Beachtung von wissenschaftlichen Kriterien. – Foto: AdobeStock/Maksym Yemelyanov
Pflanzen, Tiere, Menschen: Für sie alle ist Magnesium ein lebenswichtiger Mineralstoff. Um zu veranschaulichen, wie wichtig er ist, lohnt sich ein Blick auf die Pflanzen: Für sie ist Magnesiummangel genauso schlimm wie Lichtmangel – sie bekommen von beidem gelbe Blätter. Auch der menschliche Körper muss Magnesium täglich in ausreichender Menge erhalten. Ein Mangel an Magnesium kann beim Menschen beispielsweise zu Nervosität, Konzentrationsschwierigkeiten, Müdigkeit, Kopfschmerzen und Muskelkrämpfen führen oder auch zu Depressionen.
Verbraucher: 200 Millionen Euro für Magnesium-Pillen
Obwohl der Körper durch eine ausgewogene Ernährung ausreichend mit Magnesium versorgt wird, greifen viele Verbraucher zusätzlich zu Nahrungsergänzungsmitteln, die Magnesium enthalten, in der Hoffnung, sich etwas Gutes zu tun. „Das Geschäft mit dem 'Wundermittel' Magnesium läuft. Jährlich geben die Deutschen mehr als 200 Millionen Euro für Magnesium-Präparate aus“, heißt es in einem Bericht des rbb-Verbrauchermagazins „Super.Markt“. Das Magazin hat zehn dieser Präparate untersucht und festgestellt: „Viele Firmen machen mit falschen und sogar ungesetzlichen Versprechen Werbung. Die Dosierungsangaben sind mitunter falsch oder sogar gefährlich für die Gesundheit.“
Magnesium-Mittel sind häufig überdosiert
Als „besonders erschreckend“ werten die Tester des rbb-Verbrauchermagazins, dass die auf der Verpackung von Herstellern empfohlene Dosierung „weit über der medizinisch empfohlenen Tagesdosis“ liegt. So würden auf einigen Produkten als Tagesbedarf 300 bis 400 Milligramm angegeben, obwohl die empfohlene Tageshöchstdosis für Magnesium nach Einschätzung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) nur bei 250 Milligramm liegt. Mindestens ein Produkt für Schwangere und Stillende enthielt mit 400 Milligramm pro Tablette sogar noch mehr Magnesium, als es selbst pro Tag empfahl (350 Milligramm) – und schon diese Empfehlung war ja überhöht.
„Hier geht es also ganz klar nur ums Geld und nicht um mein Wohlbefinden", zitiert das rbb-Magazin Britta Schautz, Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Berlin. Hersteller dürfen demnach die Dosis pro Einheit (also pro Tablette etc.) frei bestimmen, auch wenn sie eine Überdosierung darstellt. Experten zufolge kann ein Magnesium-Überschuss im Blut zu Störungen im Nervensystem und bei der Herzfunktion führen.
Arzneimittel brauchen Zulassung – Nahrungsergänzungsmittel nicht
Auch wenn Nahrungsergänzungsmittel nicht ohne Absicht im Gewand von Arzneimitteln daherkommen – etwa als Pillen, Perlen oder Dragees: Anders als Arzneimittel unterliegen sie keinen Kontrollen und dürfen ohne Zulassung auf den Markt kommen. „Die Anbieter können damit richtig viel Geld verdienen, weil diese Produkte sehr günstig herzustellen sind“, sagt Verbraucherschützerin Schautz. „Zusätzlich ist nicht vorgeschrieben, dass ich Studien zeige, dass das Produkt wirklich wirkt. Ich muss das Produkt nur anmelden."
Berliner Chefarzt: „Eigentherapie ist fahrlässig“
Nahrungsergänzungsmittel sind frei verkäuflich und nicht verschreibungspflichtig. Deshalb können Verbraucher hier Selbstmedikation betreiben – ohne dass sie ihren Arzt oder Apotheker fragen müssten. Eine Eigentherapie aber sei fahrlässig, sagt Martin Loss, Chefarzt im Vivantes-Klinikum in Berlin-Friedrichshain. „Ich beurteile das sehr kritisch, weil häufig gar kein Mangel vorliegt. Hier ist die wissenschaftliche Evidenz überhaupt nicht gegeben. Da haben die Firmen Interesse, Produkte zu verkaufen und zu bewerben mit Effekten, die aber eigentlich wissenschaftlich so nicht nachgewiesen sind.“
Medizinische Versprechen: Verboten – aber nicht unüblich
In der vom ARD-Verbrauchermagazin „Super.Markt“ gezogenen Stichprobe fielen auch Unternehmen auf, die ihre Magnesium-Präparate mit medizinischen Wirkungsversprechen – sogenannten Health Claims – verbanden. Dort war etwa die Rede von „maximaler Regeneration“ oder „du beugst schmerzhaften Krämpfen vor“. Dabei sei seit 2012 in der EU geregelt, dass Health Claims weder die Beseitigung, Linderung oder Verhütung von Symptomen suggerieren dürfen. Verbraucherschützerin Schautz sagt: „Das sind Aussagen, die sind absolut nicht erlaubt, weil sie wissenschaftlich nicht belegt sind.“ Aus gutem Grund seien solche falschen und irreführenden Werbeversprechen verboten.