Temsirolimus wirkt auch bei ZNS-Lymphomen im Gehirn

Kein Durchbruch, aber ein Ausblick: Temsirolimus ist eine neue Behandlungsoption für Patienten mit fortgeschrittenem ZNS-Lymphom – Foto: VRD - Fotolia
Das primäre ZNS-Lymphom - eine sehr seltene und aggressive Form von Hirntumor – ist schwierig zu behandeln. Eine Heilung bleibt eher den jüngeren Patienten vorbehalten. Durch eine Chemotherapie oder eine Ganzhirnbestrahlung können die Tumore aber manchmal über mehrere Jahre hinweg zurückgedrängt werden. Ein Viertel der Patienten spricht allerdings nicht auf die Therapie an und mehr als die Hälfte erleidet einen Rückfall. Die Prognose ist dann sehr schlecht. Wissenschaftler suchen deshalb nach neuen Therapieansätzen, um diesen erfolglos behandelten Patienten eine neue Chance zu geben. Mit dem Medikament Temsirolimus scheint nun ein neuer Ansatz gefunden zu sein. Das berichten Wissenschaftler der Charité und Wissenschaftler der Deutschen Studiengruppe für Primäre ZNS-Lymphome nun im Fachmagazin „Journal of Clinical Oncology“.
Remissionen von fünf Monaten und mehr
In einer Phase-II-Studie mit 37 Patienten sprachen 20 Patienten auf das Medikament an, bei einigen Patienten dauerte die Remission mehr als fünf Monate. „Es zeigte sich, dass die Substanz beim rezidivierten ZNS-Lymphom erstaunlich aktiv ist, bei unserem Patientenkollektiv allerdings mit einer nicht unerheblichen Toxizität einherging“, beschreibt Studienleiterin Dr. Agnieszka Korfel von der Charité die Ergebnisse.
Temsirolimus wird bereits bei anderen rezidivierenden Lymphomen und beim fortgeschrittenen Nierenzellekarzinom eingesetzt. Der Wirkstoff hemmt einen bestimmten Signalweg (mTOR) und blockiert damit einen Mechanismus, der für das Überleben der Tumorzellen und die Gefäßneubildung wichtig ist. Außerdem kann er die Blut-Hirn-Schranke durchbrechen.
Toxizität von Temsirolimus nicht unterschätzen
Während die Nebenwirkungen von Temsirolimus ansonsten als tolerabel gelten, kam es in der Charité-Studie häufig zu Infektionen, Erhöhung des Blutzuckers und Hautausschlag. Hämatologin Korfel sieht daher den Einsatz von Temsirolimus limitiert. „Vor dem Hintergrund der Toxizität des Wirkstoffs sollte dies vor allem jüngeren und fitten Patienten angeboten werden und mit einer prophylaktischen Antibiose einhergehen“, betonte sie. Außerdem will sie den Wirkstoff in künftigen Therapiestudien mit Chemotherapie oder Rituximab kombinieren, und zwar schon in der frühen Erstlinientherapie. In der aktuellen Phase-II-Studie hatten die Patienten Temsirolimus lediglich als Monotherapie erhalten.
Die Studienergebnisse sind zwar kein Durchbruch, gelten mangels besserer Therapiealternativen jedoch als echter Ausblick. Ein möglicherweise noch vielversprechenderer Wirkstoff befindet sich derzeit noch in einer klinischen Testung: In einer deutschlandweiten Studie wird ein PDL1-Checkpoint-Blockern erstmals an Patienten mit Rezidiv eines primären ZNS-Lymphoms getestet. Das immuntherapeutische Medikament hatte beim schwarzen Hautkrebs zu durchschlagenden Erfolgen geführt.
Primäre ZNS-Lymphome streuen nur selten
Primäre ZNS-Lymphome sind zum Zeitpunkt der Erstdiagnose meist auf das zentrale Nervensystem, also Gehirn und Nervenwasser, begrenzt. Nur die wenigsten streuen in die Lymphbahn. Bislang ist völlig unklar, warum im Gehirn, wo es gar kein Lymphsystem gibt, überhaupt Lymphome entstehen.
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