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Spahn eröffnet Hauptstadtkongress: „Debatten müssen auch mal zu Entscheidungen führen”

Dienstag, 21. Mai 2019 – Autor:
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat am Morgen den Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit eröffnet. In seiner Ansprache verteidigte er auch umstrittene Vorschläge wie die Masern-Impfpflicht und die Widerspruchslösung. Endlos-Debatten müssten auch irgendwann mal zu Entscheidungen führen, meinte der Minister.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn eröffnet den Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit

Ein Minister, der Tempo macht: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn eröffnet den Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit 2019

Jens Spahn ist ein Bundesgesundheitsminister, der in seiner 14-monatigen Amtszeit mehr Debatten angestoßen und Gesetze auf den Weg gebracht als seine Vorgänger in einer ganzen Legislaturperiode. Und so wurde er auch auf dem Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit begrüßt: „Spahn ist ein sehr aktiver Minister, der auch schwierige Themen anfasst und vor Kontroversen nicht zurückschreckt“, lobte die Kongressverantwortliche Dr. Ingrid Völker ihren Ehrengast.

 

Spahn geht es auch um das verloren gegangene Vertrauen in die Politik

Jens Spahn (CDU) eröffnete am Dienstmorgen zum zweiten Mal in Folge den Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit. In seiner Ansprache erklärte der 39-Jährige, dass Anpacken sein Politikstil sei. Ob die jahrelange Diskussion um die elektronische Patientenakte, die rückläufigen Organspenden oder die Häufung von Masernfällen in Deutschland – es sei wichtig, kontroverse und abwägende Debatten darüber zu führen. „Aber irgendwann müssen die Debatten auch mal zu Entscheidungen führen“, sagte Spahn. Seine Entscheidungsfreudigkeit begründete er zum einen mit dem Patientenwohl. Zum anderen verwies er auf das verloren gegangene Vertrauen in die Politik. „Ich möchte das wieder zurückgewinnen“, sagte er.

Seit 30 Jahren passiert nichts …

Beispiel Masernimpfung: Dass die Masern bis heute nicht ausgerottet seien, liege einzig an Europa und Deutschland, mahnte der Gesundheitsminister. „Ich weiß nicht, ob wir schon 20 oder 30 Jahre darüber diskutieren, immer hören wir die gleichen Statements, aber es passiert nichts“, rechtfertigte er seinen Vorschlag, eine Impfpflicht in Kitas und Schulen und für medizinisches Personal einzuführen. Ihm sei sehr wohl klar, dass hier das Recht auf körperliche Unversehrtheit tangiert werde. Allerdings gebe es auch ein Recht darauf, dass der Staat seine Bürger vor unnötigen Gefahren schütze. Und die Ansteckung mit hoch-infektiösen Masern sei so eine unnötige Gefahr, weil sie durch eine Impfung wirksam verhindert werden könne.

Spahn schloss in diesem Zusammenhang auch das Impfen in Apotheken nicht aus. So wie in Frankreich könne man auch in Deutschland Modellprojekte machen. „Vielleicht bringt das ja was für die Impfbereitschaft."

Elektronische Patientenakte kommt 2021

Auch die Widerspruchslösung, wonach jeder, der nicht ausdrücklich widerspricht  automatisch zum Organspender  wird, verteidigte der Gesundheitsminister energisch. „Mir ist klar, dass die Widerspruchslösung ein Einschnitt in die Freiheit ist, sich mit diesem Thema auseinandersetzen zu müssen“, erklärte Spahn. Aber all die Maßnahmen der letzten Jahre hätten zu nichts geführt. „Da kann man doch nicht noch mal zehn Jahre warten.“

Ebenso entschlussfreudig zeigte sich Spahn bei der Einführung der elektronischen Patientenakte bis zum Jahr 2021. „Ich möchte einfach nicht warten, bis das alles irgendwie kommt – aus den USA oder, noch viel problematischer, aus China“, sagte Spahn mit Verweis auf Google & Co sowie auf einen Datenschutz, der nicht viel mit dem in Deutschland gemeinsam hat.

Bei der elektronischen Patientenakte sei es so, dass jeder Patient entscheiden könne, welcher Arzt seine Daten einsehen könne und welche Daten er freigebe. „Die Hoheit liegt beim Patienten“, betonte der Bundesgesundheitsminister. Allerdings musste er einräumen, dass die Datenfreigabe zunächst noch nicht arztspezifisch vorgenommen werden kann, sondern alle legitimierten Ärzte dann auch alle freigegebenen Inhalte einsehen können. „Das klappt im ersten Schritt noch nicht, aber ja, da wollen wir hin“, so Spahn zum gezielten Teilen der eigenen Gesundheitsdaten.

Minister macht Tempo 

Für diese Funktionseinschränkung war Spahn zuletzt heftig kritisiert worden, ausgerechnet von Vertretern der Gematik, die diesen Entschluss selbst getroffen hatten. Er wäre dankbar, meinte Spahn, „wenn diejenigen Gesellschafter der Gematik, die im Dezember einstimmig genau das beschlossen haben, was jetzt in den Medien kritisiert wird, nicht auf Twitter jetzt den Minister kritisieren würden, sondern zu ihren eigenen Beschlüssen stehen würden.“ Außerdem konnte sich Spahn den Hinweis nicht verkneifen, dass es die Selbstverwaltung, also die Gematik, 15 Jahre lang nicht hinbekommen habe. Dann müsse man "eben auch mal den Minister ranlassen", so Spahn wörtlich. 

Schritt für Schritt Gesundheit und Pflege besser machen

Schlussendlich machte der Minister klar, dass im Gesundheitssystem noch vieles nicht so ist, wie es sein sollte. In der Pflege etwa, in der Versorgung und eben auch in der Digitalisierung, wo man tatsächlich, um mit Angela Merkel zu sprechen, „Neuland betrete.“ So müsse man das TSGV, das unter anderem Gesundheits-Apps schneller in die Regelversorgung führen will, vielleicht in ein oder zwei Jahren nachjustieren. Na und? Das sei eben ein lernendes System, erläuterte Spahn. Nicht alles sei mit einem Gesetz auf einen Schlag lösbar. „Nur Schritt für Schritt können wir Gesundheit und Pflege besser machen“, so der Bundesgesundheitsminister.

Digitaler Wandel bestimmt den Kongress

Schwerpunktthema beim diesjährigen Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit sind die weitreichenden Veränderungen, die der digitale Wandel in Gesundheitspolitik, Gesundheitsversorgung und Gesundheitsberufen auszulösen begonnen hat. Bis Donnerstag werden im Berliner City Cube rund 8.000 Besucher erwartet.

Das Bild zeigt Kongresspräsident Ulf Fink (links) und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (rechts) eingerahmt von Schülern des Grauen Klosters. Die Schüler durften ihre Ansichten zur Digitalisierung des Gesundheitswesens in Form von Einspielern per Video preisgeben. Dabei war interessanterweise viel von Robotern die Rede.

Hauptkategorien: Berlin , Gesundheitspolitik
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