Schlafstörungen immer verbreiteter

Die Deutschen schlafen immer weniger – Foto: BillionPhotos.com - Fotolia
Die Menschen in den Industrienationen schlafen immer weniger. Experten sprechen schon von der „schlaflosen Gesellschaft“. Die Gründe dafür sehen sie vor allem in unserer 24-Stunden-Non-Stop-Gesellschaft, in der Schichtarbeit, Stress und neuen Medien den Menschen ihren Schlaf rauben und sie damit auch in ihrer Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Und nicht nur das: Zu wenig oder unregelmäßiger Schlaf schadet nachhaltig unserer Gesundheit, wie immer mehr Studien zeigen. Über die Ursachen für schlechten Schlaf sowie die Auswirkungen auf Gesundheit, Privat- und Berufsleben haben in der vergangenen Woche Experten auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin in Mainz diskutiert.
Schlafstörungen sind eine Volkskrankheit
Etwa sechs Prozent der Deutschen leiden an behandlungsbedürftigen Ein- und Durchschlafstörungen. Damit befinden sich Schlafstörungen auf dem Niveau einer Volkskrankheit. Dennoch werden die Probleme oft nicht ernst genug genommen, wie die Fachleute auf der Tagung betonten. Sie monieren auch, dass Ärzte zu oft Schlaf- oder Beruhigungsmittel verschreiben – mit zum Teil verheerenden Folgen, denn in Deutschland gelten zwischen ein und zwei Millionen Menschen bereits als abhängig von solchen Mitteln. Daher sind andere Behandlungsangebote nötig. Als wirksam und nebenwirkungsarm haben sich Entspannungstechniken, Unterweisungen zur Schlafhygiene und psychotherapeutische Beratungen erwiesen. Denn der größte Feind des Schlafes ist die Anspannung, wie Experten betonen.
Gerade durch die neuen Medien fällt uns das Abschalten immer schwerer. Studien haben zudem gezeigt, dass das LED-Licht durch Computer oder Handy vom Schlafen abhält. Vor allem Kinder sind davon betroffen. „Wir wissen von Jugendlichen, wenn sie vor dem Einschlafen und später im Bett noch viel mit dem Handy daddeln, dass sie schlechter schlafen“, erklärt Dr. Hans-Günter Weeß, Psychologe und Leiter der schlafmedizinischen Abteilung am Pfalzklinikum in Klingenmünster. Das Abschalten falle den Kindern immer schwerer, sie haben weniger Schlaf und sind am Tage oft nicht ausgeschlafen.
Innere Einstellung zum Schlaf verändern
Wieviel Schlaf man braucht, differiert von Mensch zu Mensch sehr stark. Das Schlafbedürfnis hängt von genetischen Faktoren, aber auch von sozialen und gesundheitlichen Umständen ab. Schlafstörungen wiederum können durch organische Erkrankungen, psychische Probleme, Schichtarbeit oder Medikamente hervorgerufen werden. Und noch ein weiterer Faktor wird nach Expertenmeinung bislang zu selten berücksichtigt: „Das ist die innere Einstellung des Patienten zur Nacht und zum Schlaf“, erklärt Weeß. Den Betroffenen gelinge es oft nicht, sich vom Alltag zu verabschieden. Schlafgestörte machen sich häufig im Bett Gedanken über Alltagsprobleme, oftmals auch über Banalitäten. „Das erhöht die Anspannung.“
Den Tag hinter sich zu lassen und den Schlaf zuzulassen, scheint also die größte Aufgabe für Schlafgestörte zu sein. Vor Schlaf-Apps warnen die meisten Wissenschaftler hingegen eher. Vor allem sollten sie nur eingesetzt werden, wenn sie wissenschaftlich überprüft wurden – was nur selten der Fall ist. Zudem besteht die Gefahr, sich durch die gewonnen Daten eher verunsichern zu lassen und noch mehr Druck aufzubauen. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) weist darauf hin, dass Menschen, die länger als drei bis vier Wochen unter Schlafstörungen leiden, einen Arzt aufsuchen sollten. So können mögliche körperliche Ursachen wie beispielsweise Schilddrüsenstörungen ausgeschlossen werden.
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