Regionale Unterschiede bei der Versorgung von Demenz

Die Versorgung von Demenz-Patienten ist nicht immer optimal. – Foto: Alexander Raths - Fotolia
Derzeit leben in Deutschland mehr als 1,4 Millionen Menschen mit Demenz. Schätzungen zufolge könnte diese Zahl bis zum Jahr 2050 auf etwa drei Millionen steigen. Dies wird zu einer Herausforderung für die ambulante medizinische Versorgung. Wie es um diese derzeit bestellt ist, haben Wissenschaftler vom Versorgungsatlas des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) untersucht. Mit der Studie wurde erstmals die Versorgungssituation neu erkrankter Demenz-Patienten auf regionaler Ebene bundesweit analysiert. Die Forscher um Dr. Mandy Schulz vom Zi und Dr. Jens Bohlken vom Referat Demenz des Bundesverbandes Deutscher Nervenärzte haben dabei Unterschiede sowohl in der Diagnostik als auch in der therapeutischen Versorgung von Demenzpatienten festgestellt.
Große Unterschiede in der Diagnostik
Welche diagnostischen und nicht-medikamentösen therapeutischen Leistungen niedergelassene Haus- und Fachärzte regional erbringen, hat das Team bei 133.000 neu erkrankten Patienten untersucht, die zu Hause leben. Maßstab waren die Leitlinien und Behandlungsempfehlungen mehrerer ärztlicher Fachgesellschaften. Schon in der Diagnostik zeigten sich starke Unterschiede. So werden allgemeine Blutuntersuchungen in den neuen Bundesländern öfter durchgeführt als in den alten. Insgesamt erfolgen sie bei knapp 80 Prozent der Neuerkrankten. Demenzspezifische Untersuchungen, etwa die Messung von Schilddrüsenhormonen oder des Vitamin-B-12-Spiegels im Blut, werden hingegen nur bei 39 Prozent in den neuen und bei acht Prozent in den alten Bundesländern veranlasst – und damit insgesamt deutlich seltener, als es die Leitlinien empfehlen.
Mit 34 Prozent werden auch psychologische Testverfahren relativ selten eingesetzt, und nur jeder fünfte Patient wird mit bildgebenden Verfahren untersucht, um behandelbare Ursachen der Demenz auszuschließen. In den neuen Bundesländern liegt deren Einsatz mit 16 Prozent der Patienten noch unter dem der alten Bundesländer (19 Prozent). Eine bildgebende Diagnostik kommt allerdings häufiger zum Einsatz, wenn die Patienten von Haus- und Facharzt gemeinsam behandelt werden. Häufig wird eine Demenz sogar nur als Nebendiagnose bei einem stationären Aufenthalt festgestellt. Auch das Alter der Patienten sowie das Geschlecht beeinflusst das Ausmaß der Diagnostik. Sind die Patienten älter als 75, sinkt der diagnostische Aufwand. Frauen erhalten generell weniger diagnostische Untersuchungen als Männer.
Versorgung von Demenz: Ost-West-Unterschiede
Ärztliche (nicht-medikamentöse) Therapieleistungen erhalten fast alle Patienten. Für 97 Prozent der Patienten werden entsprechende Leistungsziffern abgerechnet. Die Versorgungsforscher registrierten aber auch Unterschiede zwischen Osten und Westen bei den fachärztlichen Therapieleistungen. Bei den fachärztlich behandelten Patienten wurde in den neuen Bundesländern bei 49 Prozent und in den alten bei 69 Prozent der Patienten eine Betreuungsleistung abgerechnet. Bezüglich abgerechneter Gesprächsleistungen sind die Unterschiede zwischen den alten und den neuen Bundesländern hingegen eher gering. In den neuen Bundesländern erhielten 79, in den alten Bundesländern 71 Prozent der Patienten Gesprächsleistungen.
Die vorliegende Studie bildet den Anfang einer Reihe von weiteren Auswertungen zum Thema Demenz. Als nächstes befindet sich eine Analyse zur medikamentösen Therapie in Vorbereitung. Die Forscher werben dafür, gemeinsam mit den Krankenkassen auch die pflegerische Betreuung von Demenzpatienten in Deutschland zu untersuchen.
Der Versorgungsatlas ist eine Einrichtung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI). Er wurde institutionalisiert als öffentlich zugängliche Informationsquelle mit Studien zur medizinischen Versorgung in Deutschland. Schwerpunkt der Studien sind regionale Unterschiede in der Versorgung sowie deren unterschiedliche Strukturen und Abläufe. Die Analysen sollen Anhaltspunkte liefern, wie die Versorgung verbessert werden kann. Die Analysen der Wissenschaftler des Versorgungsatlasses basieren auf den bundesweiten Abrechnungsdaten der vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland.
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