Pregabalin lässt verletzte Nervenleitungen regenerieren

Pregabalin ließ im Mausversuch verletzte Nervenverbindungen wieder wachsen – Foto: designer491 - Fotolia
Werden die Verbindungen zwischen Nervenzellen, die sogenannten Axone, durch Unfälle oder Erkrankungen verletzt, wachsen sie in der Regel nicht nach. Nun ist es Wissenschaftlern des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) offenbar gelungen, eine molekulare Bremse zu lösen, welche die Wiederherstellung von Nervenleitungen verhindert. Die Behandlung von Mäusen mit dem Wirkstoff Pregabalin (Lyrica), der die Wachstumsbremse beeinflusst, ließ verletzte Nervenleitungen regenerieren. Möglicherweise lässt sich daraus eine neue Therapieoption für Menschen mit Rückenmarksverletzungen entwickeln.
Pregabalin wirkt Wachstumsbremse entgegen
Die Forscher um Professor Frank Bradke gingen von der Hypothese aus, dass Nervenzellen ihr Wachstumsprogramm aktiv herunterregulieren, wenn sie andere Zellen erreicht haben. „Das geschieht, damit sie nicht über das Ziel hinausschießen. Demnach sollte es eine Wachstumsbremse geben, die dann eingeschaltet wird, sobald sich eine Nervenzelle mit anderen verknüpft hat“, erklärte Dr. Andrea Tedeschi, einer der Studienautoren. Als wichtigen Teil dieser Wachstumsbremse identifizierten die Forscher ein Gen mit der Bezeichnung Cacna2d2. Das Gen codiert den Bauplan eines Proteins, das dazu beiträgt, den Einstrom von Kalzium-Teilchen in die Zelle zu regulieren. Da sich die Kalzium-Konzentration unter anderem auf die Freisetzung von Botenstoffen auswirkt, sind diese Kanäle essentiell für die zelluläre Kommunikation.
Für weitere Untersuchungen griffen die Forscher auf eine Substanz zurück, von der schon länger bekannt war, dass sie sich am molekularen Anker der Kalzium-Kanäle festsetzt. Über mehrere Wochen hinweg verabreichten sie Mäusen mit Rückenmarksverletzung den Wirkstoff Pregabalin. Wie sich herausstellte, ließ diese Behandlung neue Nervenverbindungen entstehen.
Weitere Studien müssten Effekt untermauern
Pregabalin, das auch unter dem Handelsnamen Lyrica bekannt ist, wird in der Regel bei der Behandlung von neuropathischen Schmerzen, bei Epilepsie und bei der generalisierten Angststörung eingesetzt. Zu den Nebenwirkungen des Medikaments können Müdigkeit und Benommenheit zählen, die jedoch dosisabhängig sind und meist mit der Zeit verschwinden. Die Forscher hoffen nun, dass Pregabalin, wenn es früh genug eingesetzt wird, einen regenerativen Effekt auf verletzte Nervenleitungen haben kann. Ob sich daraus aber tatsächlich ein neuer Therapieansatz ergeben kann, müssten erst weitere Studien zeigen.
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