Pille danach: Befruchtet oder nicht befruchtet?
Ausgerechnet der erzkonservative Journalist und Theologe Martin Lohmann wurde plötzlich zum Experten für die „Pille danach“. Er behauptete bei „Günter Jauch“ am Sonntag, 3. Februar, eine „Pille danach“, die ausschließlich nur die Befruchtung verhindere, sei noch nicht erfunden. Doch das hatten der Berufsverband der Frauenärzte (BVF) und die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin (DGGEF) bereits am 24. Januar 2013 in einer Stellungnahme widerlegt.
Die „Pille danach“ ist keine Abtreibungspille
„Die „Pille danach“ ist Verhütung, kein Schwangerschaftsabbruch“, schreiben die Frauenärzte in einer offiziellen Stellungnahme. Sie beziehen sich dabei auf die beiden Arzneimittel, die derzeit in Deutschland als „Pille danach“ zugelassen sind: Levonorgestrel und Ulipristalacetat. Beide Präparate verhinderten oder verzögerten den Eisprung. Wenn der Eisprung bereits erfolgt sei, die Eizelle sich aus dem Eierstock gelöst habe und im Eileiter oder in der Gebärmutter befinde, so verhinderte die „Pille danach“ weder die Befruchtung dieser Eizelle noch die Einnistung (Nidation) in der Gebärmutter, heißt es in dem Papier. Die moderne „Pille danach“ führe auch nicht dazu, dass eine künstliche Menstruation, eine so genannte Abbruchblutung, ausgelöst würde und dass dadurch ein Embryo, der sich bereits in der Gebärmutter eingenistet haben könnte, verloren gehen würde.
„Beide Medikamente greifen deshalb nicht in das Werden eines bereits gezeugten Menschen ein“, erklärte Dr. med. Christian Albring, Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte. „Sie sind als Verhütungsmittel einzustufen, nicht als Mittel für einen Schwangerschaftsabbruch.“ Prof. Dr. med. Thomas Rabe von Universitäts-Frauenklinik Heidelberg, Präsident der DGEF, ergänzte: „Mit Arzneimitteln, die zur Ablösung der Gebärmutterschleimhaut und zu einem medikamentösen Schwangerschaftsabbruch eingesetzt werden, sind sie nicht vergleichbar.“
Katholische Kirche rudert zurück
Die Katholische Kirche hat dies lange bestritten. Bis vor kurzem hatten Vertreter behauptet, es sei nicht erwiesen, dass die Präparate nicht auch eine abtreibende Wirkung habe. Nun hat sich Kardinal Meisner offenbar beraten lassen. Meisner hatte vor wenigen Tagen überraschend erklärt, es sei vertretbar, wenn nach einer Vergewaltigung ein entsprechendes Präparat verwendet werde. Gleichzeitig betonte er aber, die Katholische Kirche lehne eine Abtreibungspille weiterhin kategorisch ab.
Damit dürfte nun Klarheit über die Haltung des Erzbischofs von Köln zur Pille danach bestehen: Im Falle einer Vergewaltigung erlaubt er die „Pille danach“, die allein die Wirkung hat, eine Befruchtung zu verhindern. Punkt. Anders als es in der Jauch-Sendung am Sonntag dargestellt wurde, gibt es diese Pille auch. Es handelt sich um die beiden modernen von den beiden Fachgesellschaften genannten Präparate.
Inwieweit die Träger der katholischen Krankenhäuser nun konkrete Handlungsanweisungen an die behandelnden Ärzte geben, dass sie künftig die „Pille danach“ verschreiben dürfen, ist bislang nicht bekannt.
Zum Hintergrund: Im Dezember hatten zwei katholische Kliniken in Köln einem Vergewaltigungsopfer die Behandlung verweigert, weil damit auch die Aufklärung über die "Pille danach" verbunden gewesen wäre. Darüber war ein heftiger Streit entbrannt.
„Wenn es eine verbindliche Weisung gegeben haben sollte, dass die Ärzte katholischer Kliniken Vergewaltigungsopfer wegzuschicken haben, dann wird dies rechtliche Konsequenzen haben“, sagte NRW Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne). Denn in diesem Falle würden die Häuser ihren Versorgungsauftrag nicht erfüllen. Bislang konnte keine entsprechende schriftliche Weisung gefunden werden. Die Ministerin lässt aber weiter recherchieren. Den katholischen Häusern könnte ein Entzug der Kassenzulassung drohen.
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