
Vom Bunthörnchen auf den Menschen: VSBV-1 ist ein neuer Vertreter der Bornaviren
Bornavirus-Infektionen bei Tieren sind schon seit mehr als 100 Jahren bekannt. Die Viren befallen insbesondere das zentrale Nervensystem und lösen eine Gehirnentzündung aus. Pferde sind am häufigsten von der Borna-Krankheit betroffen, aber auch viele andere Tiere, etwa Vögel können sich infizieren. Die Todesrate ist hoch und liegt bei ungefähr 90 Prozent.
Erstmals ist das Bornavirus nun beim Menschen nachgewiesen worden. Drei Männer aus Sachsen-Anhalt waren zwischen 2011 und 2013 an einer Gehirnentzündung (Enzephalitis) gestorben. Die monatelange intensivmedizinische Behandlung blieb ebenso erfolglos wie die Suche nach dem Erreger. Doch jetzt ist Wissenschaftlern vom Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) und Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) ein Durchbruch gelungen: Wie die Wissenschaftler im "New England Journal of Medicine" berichten, hatten sich die Männer an ihren Bunthörnchen mit einem neuartigen Bornavirus angesteckt. Alle drei waren Bunthörnchen-Züchter und hatten darum engen Kontakt zu den exotischen Säugetieren, die in Deutschland vermehrt auch als Haustiere gehalten werden.
Bunthörnchen waren Träger des neuen Bornavirus
Erste Hinweise auf die Todesursache ergab die Metagenomanalyse eines Bunthörnchens aus der Zucht eines der Patienten. Ein bislang unbekannter Vertreter der Bornaviren konnte so zunächst bei den Bunthörnchen und in nachfolgenden Analysen auch in den Gehirnproben der drei Patienten nachgewiesen werden. Weitere molekularbiologische, histologische und serologische Untersuchungen bestätigten, dass es sich bei dem Bornavirus um eine bislang unbekannte Variante handelt. Die Wissenschaftler tauften es Bunthörnchen-Bornavirus, kurz VSBV-1 (variegated squirrel 1 bornavirus).
„Das neue Virus unterscheidet sich genetisch deutlich von den bisher bekannten Bornaviren“, sagt Dr. Dennis Tappe vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg. „Mit den Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass Vertreter aus der Familie der Bornaviren auch Menschen infizieren können“.
Da die drei Bunthörnchen-Züchter verschiedene Vorerkrankungen hatten und über 60 Jahre alt waren, schließen die Wissenschaftler eine gewisse Prädisposition für die Infektion mit dem Virus nicht aus. Nachgewiesen ist das aber nicht. Auch der Ansteckungsweg ist noch unklar, wobei eine Tröpfcheninfektion am wahrscheinlichsten ist.
Test für neues Bunthörnchen-Bornavirus in Entwicklung
Durch moderne Tiefensequenzierung gelang den Wissenschaftlern auch die Einordnung in die Systematik bisher bekannter Bornaviren. Demnach entwickelte sich der neue Vertreter höchstwahrscheinlich aus der Säugetierlinie der Bornaviren und bildet den nächsten Verwandten zum Bornavirus der Pferde.
Das Friedrich-Loeffler-Institut und Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin wollen nun gemeinsam einen Test entwickeln, um das Virus in lebenden Tieren und erkrankten Menschen nachweisen zu können.
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