Mitwachsende Herzklappe für Kinder nur eine Frage der Zeit

Stellen herzkranken Kindern eine mitwachsende Herzklappe in Aussicht: Boris Schmitt und Kai Riemer vom Deutschen Herzzentrum Berlin haben gerade einen Preis dafür gewonnen
Etwa jedes zehnte Kind mit einem angeborenen Herzfehler benötigt im Laufe seines Lebens eine neue Herzklappe. Zwar ist der Klappenersatz heute ein Routineeingriff, er geht für die kleinen Patienten jedoch mit Einschränkungen her: Künstliche Herzklappen wachsen nämlich nicht mit. Daher müssen die Klappen im Laufe des Lebens mehrfach ausgetauscht werden. Bei Herzklappen aus tierischem Gewebe kommt hinzu, dass die körpereigene Abwehr das Gewebe der Klappe schädigt und einen Austausch allein deshalb zwingend macht. Bei Klappen aus Kunststoff oder Metall gibt es diese Immunreaktionen zwar nicht, doch sie bergen das Risiko gefährlicher Blutgerinnsel. Betroffene müssen deshalb ihr Leben lang blutverdünnende Medikamente einnehmen. So der so: Bislang ist der Herzklappenersatz mit allerlei Nachteilen für die Patienten behaftet.
Bei Tieren funktioniert die mitwachsende Herzklappe schon
Eine Lösung stellt nun das Deutsche Herzzentrum Berlin (DHZB) in Aussicht: Eine mitwachsende Herzklappe, die aus patienteneigenem Gewebe hergestellt wird. In Tierexperimenten hat sich die „GrOwnvalve“ - eine Wortschöpfung aus englisch „to grow (wachsen)“, „own (körpereigen)“ und „valve (Herzklappe)“ – bereits bewährt. Nun muss noch ausführlich getestet werden, ob sie auch risikofrei beim Menschen funktioniert. Der maßgebliche Entwickler der neuen Herzklappe Dr. Boris Schmitt zeigt sich zuversichtlich: „Ich denke, dass wir innerhalb der nächsten vier Jahre die Marktzulassung für die GrOwnValve erreichen und damit vielen herzkranken Kindern ein erheblich verbessertes Behandlungsangebot machen können“, sagt der Kinderkardiologe vom DHZB. „Die Herzklappe aus körpereigenem Gewebe ruft keine Abstoßungsreaktionen hervor, sie hält länger als eine Prothese aus tierischem Material und sie passt sich dem Organismus an“, fasst Boris Schmitt die Vorteile der neuen biologischen Herzklappe zusammen.
Klappenersatz erfolgt minimal-invasiv
Um die Pulmonalklappe herstellen zu können, entnehmen Ärzte den Patienten zunächst Gewebe aus dem Herzbeutel. Das geschieht bei einem ambulanten Eingriff minimal-invasiv. Anschließend wird die biologische Klappe im Labor passgenau angefertigt, wobei individuelle CT- oder MRT-Daten zum Einsatz kommen. Laut DHZB-Ingenieur Kai Riemer ist die Herstellung sogar ziemlich günstig. Gerade mal eine Woche brauchen die Experten, dann kann die neue Klappe dem Kind mit einem Herzkatheter eingesetzt werden. „Eine Herzoperation ist also nicht nötig“, erklärt Schmitt.
Für die vielversprechende Entwicklung haben der Kinderkardiologe und sein Team gerade den ersten Preis im Ideenwettbewerb „Research to Market Challenge“ in der Kategorie Gesundheitswirtschaft gewonnen. Der Preis wird der von der Charité und der FU Berlin ausgelobt und ist mit 1.500 Euro dotiert. Das Geld wird nach Auskunft des Kinderkardiologen „natürlich ins Projekt gesteckt.“ Künftig wollen die Wissenschaftler neben der Pulmonalklappe, die als Ventil zwischen rechter Herzkammer und Lungenarterie wirkt, auch noch andere Arten von Herzklappen entwickeln.