Kranke Kinder: AOK übernimmt Mehrkosten bei Fiebersäften

Viele Kinder brauchen gerade Fiebersaft – aber in vielen Apotheken ist das Medikament knapp. – Foto: AdobeStock/Anke Thomass
Unter Kindern grassiert das RS-Virus. Das Virus ist nicht neu – doch die Infektionswelle ist diesmal besonders stark. Und gefährlich sind RSV-Infektionen ausgerechnet für Babys und Kleinkinder. Arztpraxen und Kinderkliniken stoßen an ihre Grenzen – und viele Eltern auch. Gleichzeitig zeigen sich Lieferschwierigkeiten bei bestimmten Arzneimitteln: bei Fiebersäften zum Beispiel. Der AOK-Bundesverband hat deshalb angekündigt, betroffenen Familien durch eine Kulanzregelung bei der Beschaffung von Fiebersäften zu entlasten.
Ausnahmeregelung gilt bis zum Ende der Erkältungssaison
Die elf AOK-Regionen in Deutschland haben beschlossen, bei Ibuprofen- und Paracetamol-haltigen Fiebersäften für Kinder ab sofort anfallende Mehrkosten zu übernehmen. Mehrkosten entstehen Versicherten normalerweise dann, wenn der Preis der abgegebenen Präparate über dem Festbetrag liegt, der von den Kassen erstattet wird. Dank der jetzt beschlossenen Kulanzregelung können ausgebende Apotheker problemlos auf im Bestand vorhandene Alternativ-Präparate ausweichen, auch wenn sie teurer sein sollten. Die Ausnahmeregelung soll zunächst für die laufende Erkältungssaison gelten – kalendarisch bis Ende März 2023.
Bundesinstitut BfArM bestätigt regionale Versorgungs-Engpässe
„Wir wollen in der angespannten Situation für etwas Entlastung sorgen“, sagt dazu die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, Carola Reimann. Zwar hat das zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) noch keinen regelrechten „Lieferabriss“ bei Fiebersäften für Kinder festgestellt. Gleichwohl wird auf bestehende regionale Versorgungs-Engpässe und die eingeschränkte Verfügbarkeit der Präparate hingewiesen. „Diese Knappheit verunsichert derzeit viele Eltern mit erkrankten Kindern. Wir möchten unterstützen, indem wir die Mehrkosten, soweit sie anfallen, für unsere Versicherten übernehmen“, erklärt Reimann.
Diese Medikamente sind aktuell in Apotheken knapp
Einem Bericht des NDR zufolge fehlen derzeit in vielen Apotheken vor allem Fiebersäfte, Blutdrucksenker oder Hustenmittel. Die Versorgung sei im Grundsatz gesichert, die Lage habe sich aber in den letzten Wochen verschärft, berichtet etwa der Apothekerverband Niedersachsen. Inzwischen fehlten selbst eine ganze Reihe von Standard-Arzneimitteln. Wenn zum Beispiel Penicillin in einer Apotheke vergriffen ist, muss der Hausarzt ein anderes Antibiotikum verordnen. Das ist zwar möglich, nur: Nicht jeder verträgt jedes Antibiotikum.
Viele Wirkstoffe kommen aus wenigen Betrieben im fernen Asien
Zu Lieferengpässen bei Medikamenten kommt es in jüngster Zeit immer wieder. Die deutschen Apothekerverbände nennen als Ursache, dass viele Wirkstoffe weltweit aus nur wenigen Betrieben in China oder Indien stammten. Selbst wenn dann in nur einer Fabrik die Produktion stillstehe, könnte sich das bis nach Europa hinein in Form unmittelbarer Verfügbarkeitsprobleme bemerkbar machen.
AOK für mehr Vorräte bei Arzneimitteln
Angesichts der zunehmenden Lieferengpässe mahnt AOK-Vorstandschefin Reimann effektive Maßnahmen für mehr Versorgungssicherheit im Arzneimittelbereich an. „Auch in Deutschland muss es endlich ein Frühwarnsystem mit verpflichtenden Meldungen der Hersteller zu Lieferschwierigkeiten geben, wie es bereits in anderen Ländern umgesetzt wird.“ Außerdem sollten Bevorratung und Lagerhaltung bei Großhandel sowie pharmazeutischen Unternehmen ausgebaut werden. Bevor reflexartig an der Preisschraube zu Lasten der Beitragszahlenden gedreht werde, müssten diese Maßnahmen in der angekündigten Gesetzgebung erst einmal umgesetzt werden, forderte Reimann.