Klimaklage erzielt Teilerfolg vor Bundesverfassungsgericht

Klimaklage vor dem Bundesverfassungsgericht: Verstößt Deutschlands Klimapolitik gegen das Grundgesetz?
Unwetter, abgedeckte Dächer, Ernteausfälle und zwei Hitzesommer in Folge – viele dieser Klimakatastrophen könnten verhindert werden, wenn die Bundesregierung handeln würde. Doch das tut sie nach Auffassung vieler Menschen nicht. Darum haben der Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV), der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und viele Einzelklägern wie der Schauspieler Hannes Jaenicke im November 2018 Klage vor dem Bundesverfassungsgericht erhoben. Die Beschwerde richtet sich gegen das Unterlassen geeigneter gesetzlicher Vorschriften und Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels durch die Bundesrepublik Deutschland – also gegen die aktuelle Klimapolitik, die nach Auffassung der Kläger rechtswidrig ist.
Berlin hat Post aus Karlsruhe bekommen
Das Gericht scheint die Klage ernst zu nehmen: In diesen Tagen hat der Erste Senat die Bundesregierung, den Bundestag und den Bundesrat angeschrieben, damit sie bis Mitte November zur Klage Stellung nehmen können.
So etwas passiert üblicherweise nur dann, wenn sich die Karlsruher Richter mit einer Klage vertieft auseinandersetzen wollen. Ähnliche Klagen wurden in der Vergangenheit vom Verfassungsgericht nach knapper Prüfung gar nicht erst angenommen. „Für Menschenrechtsklagen auf einen besseren Umweltschutz ist das eine Premiere und ein großer Erfolg“, heißt es in einer Mitteilung des BUND.
Rechtswidrige Klimapolitik?
"Wir freuen uns, dass das oberste deutsche Gericht offenbar die Dringlichkeit des Klimaschutzes erkannt hat. Wir sind gespannt, ob und wie Bundesregierung und Bundestag ihre grundrechtswidrige Klimapolitik rechtfertigen wollen", erklären der SFV und BUND für die Klägergemeinschaft.
Aktuelle Entwicklungen wie Dürresommer und immer neue Hitzerekorde zeigten, dass der Klimawandel schon heute schwerwiegende Auswirkungen habe, meint Professor Volker Quaschning, Energieexperte an der HTW und einer der Einzelkläger. „Angesichts der immer größer werdenden Bedrohung sind wir zuversichtlich, dass das Bundesverfassungsgericht die Gefahr erkennt und die nötigen Gegenmaßnahmen einfordert."
Es geht um Grundrechte des Menschen
Zum Hintergrund der Klage schreibt der BUND: Um die Grundrechte auf Leben, Gesundheit und Eigentum zu schützen, müsse Deutschland mindestens die im Pariser Klima-Abkommen vereinbarte Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad gegenüber vorindustriellem Niveau einhalten. Außerdem müsse Deutschland in der EU sein Gewicht dafür in die Waagschale werfen und die Emissionen in maximal zwei Dekaden in allen Sektoren auf null bringen.
Es geht also im Kern um Menschenrechte wie die Grundrechte auf Leben, Gesundheit und Eigentum. Die Kläger räumen der Politik zwar demokratische Entscheidungsspielräume ein. Diese erlaubten es grundrechtlich jedoch nicht, die Grundlagen menschlicher Existenz und damit auch der Demokratie zu untergraben. Genau das riskiere aber die unambitionierte deutsche Klimapolitik, so der Vorwurf der Kläger.
Sollte das Karlsruher Gericht der Klage stattgeben – das ist mit dem Schreiben noch nicht geschehen – würde nach Ansicht der Klägergemeinschaft deutlich, „dass das Klimathema ein massives Menschenrechtsproblem ist und nicht im Belieben der jeweiligen politischen Mehrheit steht.“
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