HPV-bedingte Kopf-Hals-Tumoren: Neuer Wirkstoff soll Strahlenschäden verhindern

HPV-bedingte Kopf-Hals-Tumoren haben eine bessere Prognose. Die Therapie ist jedoch oft mit langfristigen Nebenwirkungen verbunden
Kopf-Hals-Tumoren werden oft von einer Infektion mit dem Humanen Papillomvirus (HPV). Auch wenn der Krebs lokal schon fortgeschritten ist, schlägt in diesen Fällen die Strahlen- und Chemotherapie sehr gut an. Der Grund: HPV-infizierte Kopf-Hals-Tumorzellen sterben noch schneller an den Folgen der Bestrahlung als andere Krebszellen, weil sie die Strahlenschäden in ihrem Erbgut schlechter reparieren können. Doch die kombinierte Behandlung hat oft schwere Langzeitnebenwirkungen - etwa ausgeprägte Schluck- und Sprachstörungen sowie Innenohr- oder Nierenschäden.
HPV-Tumoren mit spezifischem Wirkstoff austricksen
Wissenschaftler vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf wollen diese Spätschäden nun mit einem neuen Wirkstoff verhindern. Sie entwickeln derzeit einen Wirkstoff, der sich speziell gegen die HPV-infizierten Tumorzellen richtet. "Mithilfe einer spezifischen molekularen Tumortherapie nutzen wir die Schwachstelle der HPV-bedingten Tumore aus und verstärken so die Wirkung der Strahlentherapie", erläutert Projektleiter Dr. Thorsten Rieckmann. Laut dem Experten hemmen die neuen Wirkstoffe spezifisch das DNA-Reparatursystem der Zellen und wirken dadurch - im Gegensatz zur klassischen Chemotherapie - insbesondere gegen die bestrahlten Tumorzellen und nur geringfügig gegen gesunde Zellen. „Die durch die HPV-Infektion bereits geschwächten Krebszellen verlieren so weiter ihre Fähigkeit zur Selbst-Reparatur und reagieren noch empfindlicher auf die Bestrahlung“, erläutert Rieckmann.
Chemo soll ersetzt werden
Momentan durchlaufen die neuen Substanzen noch zahlreiche Labortests. Erst wenn die erfolgreich verlaufen, können klinische Studien folgen. Künftig soll die zielgerichtete Therapie parallel zur Strahlentherapie verabreicht werden und die Chemotherapie ersetzen. „Möglicherweise kann sie auch die nötige Bestrahlungsintensität verringern - für eine bessere Lebensqualität der Patienten bei gleichzeitig hohen Heilungschancen“, so Rieckmann, der die Erkenntnisse sobald wie möglich in die klinische Praxis überführen will.
Die Deutsche Krebshilfe fördert das Projekt mit 232.000 Euro. "Innovative Forschungsprojekte zu fördern, die möglichst schnell den Patienten zugutekommen, ist ein Kernanliegen der Deutschen Krebshilfe", betont Gerd Nettekoven, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krebshilfe.
Kopf-Hals-Tumoren mit 17.000 Neudiagnosen recht häufig
In Deutschland erkranken pro Jahr rund 17.000 Menschen an einem Kopf-Hals-Tumor. Unter diesem Begriff werden Tumore der Mundhöhle, des Rachens, des Kehlkopfes, der Nase und der Nasennebenhöhlen zusammengefasst. Neben einer HPV-Infektion sind Rauchen und Alkohol die größten Risikofaktoren. Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt bei 65 Jahren.
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