Exoskelett: gefühlte Kontrolle für Gelähmte

Exoskelett bei der WM 2014 in Brasilien: Gewisses Maß an Bewegungskontrolle wiedergewonnen
Die Fußball-WM 2014 in Brasilien wurde mit einer kleinen Sensation eröffnet: Ein Querschnittsgelähmter machte den Anschuss. Der junge Brasilianer trug ein Exoskelett. Die Mensch-Maschine-Schnittstelle übersetzte seine Gedanken in Bewegung. Nun gibt es neue Erkenntnisse zu dem wundersamen Roboter, der im Rahmen des internationalen Projekts „Walk Again“ um Prof. Miguel Nicolelis von der Duke University (USA) entwickelt wurde.
Eine Studie der vergangenen zwei Jahre zeigt, wie querschnittsgelähmte Patienten ihren körperlichen und mentalen Zustand durch intensives Training mit dem Exoskelett verbessern konnten. „Die Patienten konnten ein gewisses Maß an Kontrolle über die Bewegung ihrer Beine wiedererlangen. Das hat uns sehr überrascht“, berichtet Prof. Gordon Cheng von der TU München in einem Interview mit dem Magazin „MM MaschinenMarkt“.
Exoskelett arbeitet mit künstlicher Haut
Der Neurowissenschaftler hat im Rahmen von „Walk Again“ eine sensitive künstliche Haut entwickelt – ein Schlüsselelement des Exoskeletts. Während das System die elektrische Hirnaktivität des Patienten aufzeichnet und dessen Absicht in eine Aktion übersetzt, also etwa einen Schritt zu machen oder einen Ball zu kicken – gibt die künstliche Haut dem Patienten eine taktile Rückmeldung. An ihr sind Sensoren angebracht, die Vibration, Temperatur, Druck und Annäherung messen. Wie aber kommen die Informationen im Gehirn eines Querschnittsgelähmten an?
Cheng zufolge werden durch intensives Training im Gehirn neue Vernetzungen erzeugt. Diese erlaubten es, ein neues Element wie das Exoskelett zu integrieren, so dass die Probanden ihre Beinbewegungen wahrnehmen könnten.
Walk Again läuft weiter
Die Ergebnisse der Studie seien ermutigend, meint Chen, und ein Ansporn, die Technologie weiterzuentwickeln. „Ich hoffe, dass wir mit der nächste Generation des Exoskeletts oder der künstlichen Haut, den Menschen in Zukunft noch unmittelbarer in ihrem Alltag helfen können“, so der Forscher im Fachblatt MM.
An dem Projekt Walk Again sind hunderte Wissenschaftler beteiligt. Es wurde 2008 ins Leben gerufen und das Exoskelett ist nur ein Teil davon. Ausschlaggebend für den Projektstart war das so genannte Kyoto-Experiment, bei dem ein Affe auf einem Laufband in North Carolina einen humanoiden Roboter in Kyoto zum Laufen brachte – lediglich mit Hilfe von dessen Hirnsignalen. Das inspirierte die beiden Forscher Nicolelis und Chen ein System zu entwickeln, das gelähmten Menschen kraft ihrer Gedanken hilft, wieder mobil zu werden.