Erste Klinik für Opfer weiblicher Beschneidung

150 Millionen Mädchen und Frauen sind von Genitalverstümmelung betroffen.
Die neue Klinik für Opfer weiblicher Genitalverstümmelung, die am 11. September 2013 eröffnet wurde, befindet sich im Krankenhaus Waldfriede in Berlin-Zehlendorf. Gegründet wurde sie von der Desert Flower Stiftung unter der Leitung von Waris Dirie, Sonderbotschafterin der UN gegen die Genitalverstümmelung von Mädchen und Frauen. Waris Dirie, die früher als Topmodel gearbeitet hat, ist als Kind selbst Opfer dieser grausamen Praktik geworden. In ihrem Buch „Wüstenblume“ hat sie ihr Schicksal und das von Millionen anderer Frauen bekannt gemacht.
Bis zu 150 Millionen Mädchen und Frauen sind laut Unicef von Genitalverstümmelung betroffen, jedes Jahr kommen zwei bis drei Millionen Mädchen dazu. Bei der grausamen Praktik werden meistens die Klitoris sowie die inneren Schamlippen abgeschnitten. Häufig wird danach die Vulva zugenäht, so dass nur ein kleines Loch übrigbleibt. Die Schmerzen bei der Prozedur sind so stark, dass die Kinder dabei oft ohnmächtig werden, und die Betroffenen leiden ihr Leben lang unter den Folgen. Viele Mädchen sterben bei der Prozedur.
Weibliche Genitalverstümmelung in afrikanischen Ländern verbreitet
Praktiziert wird die weibliche Beschneidung hauptsächlich in afrikanischen Ländern, im Süden der Arabischen Halbinsel und in einigen Regionen Asiens. Auch in Deutschland sind Tausende Frauen, die aus diesen Ländern stammen, davon betroffen beziehungsweise bedroht. Offizielle Zahlen nennen 30.000 Frauen und Mädchen in Deutschland, viele davon in Berlin. Die Dunkelziffer ist jedoch weit höher.
Gegen die über 5000 Jahre alte Tradition zu kämpfen braucht viel Überzeugungsarbeit und Aufklärung. Trotz der immensen Schmerzen ist die Beschneidung auch für viele Frauen „normal“ und sie empfinden das Ritual als Teil ihrer Kultur. Nur durch die Beschneidung und das Zunähen der Vulva glauben die Frauen „rein“ und wertvoll zu sein.
Weitere Desert Flower Center geplant
Im Desert Flower Center, wie die neue Klinik in Berlin heißt, sollen Operationen angeboten werden, welche die Schmerzen lindern und gesundheitliche Folgen – soweit möglich – beseitigen. „Wir sind sehr froh darüber, dass wir ab September eine Zusammenarbeit mit der Stiftung von Waris Dirie eingehen können“, erklärte Bernd Quoß, Geschäftsführer des Krankenhauses Waldfriede. Das Krankenhaus ist schon früher bekannt geworden, als es als eines der ersten eine Babyklappe zur Verfügung stellte, in der Frauen anonym ihre Kinder abgeben können. Geführt wird das Krankenhaus von einer evangelischen Freikirche, die vor allem in den USA aktiv ist.
Da im Krankenhaus bereits Spezialisten für Enddarm- und Beckenbodenerkrankungen arbeiten, war der Schritt zur Genitalchirurgie nach Worten von Bernd Quoß nicht allzu groß. Nach einem Jahr soll der Erfolg des Berliner Projekts geprüft werden. Danach ist die Gründung weiterer Zentren dieser Art, auch in Afrika, geplant.
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