Dreiviertel aller Behandlungsfehlervorwürfe scheitern vor dem MDK
Es muss nicht gleich die vergessene Schere im Bauch sein: Viele Behandlungsfehler sind weniger offensichtlich, zum Beispiel wenn es um Behandlungsfolgen wie Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen geht. Hier den Zusammenhang zu einem ärztlichen Fehler nachzuweisen, ist äußerst schwierig. Weil die meisten Patienten das wissen, klagen sie gar nicht erst. Wer es dennoch tut, ist in den meisten Fällen damit nicht erfolgreich. Das zeigt abermals die Statistik des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK): Wie in den Vorjahren auch, werden dreiviertel aller Behandlungsfehlervorwürfe zurückgewiesen. Laut Astrid Zobel MDK Bayern liegt das aber nicht am Mangel an Beweisen, sondern an einer falschen Erwartungshaltung der Patienten. „Eine hohe Zahl an Vorwürfen lässt nicht auf eine hohe Zahl an tatsächlichen Behandlungsfehlern schließen. Die Zahl spiegelt vielmehr wider, ob der Patient selbst erkennen kann, ob das Behandlungsergebnis seinen Erwartungen entspricht oder nicht“, erklärte sie am Donnerstag als die neue MDK-Statistik veröffentlicht wurde.
Wo mehr geklagt wird, werden auch mehr Behandlungsfehler gefunden
Danach sind beim MDK im vergangen Jahr 14.828 Behandlungsfehlervorwürfe eingegangen. In 4.046 Fällen und damit in jedem vierten Fall bestätigten die Gutachter den Verdacht der Patienten. Im Vergleich zum Vorjahr 2014 ist das ein Zuwachs um vier Prozent. „Seit Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes vor drei Jahren gibt es einen anhaltenden Aufwärtstrend. erklärt Dr. Stefan Gronemeyer, Leitender Arzt und stellvertretender Geschäftsführer des MDS, den leichten Anstieg der Behandlungsfehlervorwürfe.
Über die Hälfte der Vorwürfe betreffen demnach Operationen. So wurden in 32 Prozent der Fälle Orthopäden und Unfallchirurgen zur Rechenschaft gezogen, weitere elf Prozent betrafen die Allgemeinchirurgie. Die Innere Medizin und Allgemeinmedizin wurde ebenfalls in elf Prozent der Fälle mit Patientenvorwürfen konfrontiert, neun Prozent fallen auf die Zahnmedizin, sieben Prozent auf die Frauenheilkunde und fünf Prozent auf die Pflege zurück.
Obwohl Operationen weiterhin der Spitzenreiter sind, ist das Spektrum groß, was dem MDK gemeldet wird. Unabhängig vom Fachgebiet betrafen 25 Prozent aller Behandlungsfehlervorwürfe eine vermeintlich falsche Befunderhebung. „Die festgestellten Fehler betreffen hunderte verschiedene Erkrankungen und Behandlungsmaßnahmen“, so Zobel.
MDK sieht Mängel in der Sicherheitskultur
Der MDK nutzte die Veröffentlichung der Jahresstatistik auch, um Kritik an der Sicherheitskultur in Deutschland zu üben. „Im Vergleich zu Ländern, in denen Behandlungsfehler verpflichtend gemeldet werden müssen, kann in Deutschland aufgrund der intransparenten Datenlage noch zu wenig aus den Fehlern systematisch gelernt werden“, sagte Gronemeyer. Nötig seien ein offenerer Umgang mit Fehlern und eine gezielte Strategie zur Fehlervermeidung. Dazu müsse auch über die Einführung einer Meldepflicht für Behandlungsfehler diskutiert werden.
Foto: © Lukasz Panek - Fotolia.com