Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Depressionen: Altes Antidepressivum kann moderneren Wirkstoffgruppen überlegen sein

Freitag, 13. Dezember 2019 – Autor:
Depressionen: Ein altes Antidepressivum zeigte sich bei der Therapie einer mittelschweren Depressionen überlegen gegenüber einer Kombination aus zwei modernen Wirkstoffen.
antidpressiva, arzneimittel, tabletten, arztgespräch, verschreibung

Trizyklische Antidepressiva werden seltener verschrieben - zu Unrecht, wie Forscher meinen – Foto: ©joyfotoliakid - stock.adobe.com

Depressionen: Ein altes Antidepressivum wie Imipram kann neuen überlgen sein. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie. Bei dem Probanden war die Venlafaxin-Monotherapie zur Behandlung einer mindestens mittelschweren Depression gescheitert. Nun fragten sich die Forscher, ob eine Monotherapie mit dem alten Imipram oder eine Kombination von zwei neueren Antidepressiva (Venlafaxin-Mirtazapin) besser anschlägt. Imipramin gehört zu den alten trizyklischen Antidepressiva .

Die Studie bestand aus zwei Abschnitten: Während der ersten zehn Wochen wurden 407 Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Depression mit Venlafaxin (225–300 mg/d, Zieldosis ab dem 8. Tag) behandelt. 118 Patienten zeigten nach zehn Wochen keine Remmision. Schließlich wurden von diesen 112 für den zweiten Abschnitt randomisiert.

Kombination Venlafaxin und Mirtazapin gegen Imipramin

Die Patienten, bei denen Venlafaxin nicht anschlug, wurden anschließend für weitere zehn Wochen in zwei Gruppen randomisiert. Eine Gruppe erhielt eine Kombinationstherapie aus Venlafaxin in gleicher Dosierung plus Mirtazapin 30 mg/d (Zieldosis ab dem 4. Tag), die zweite wurde auf Imipramin (spiegeladaptiert bis 300 ng/ml) umgestellt.

Depressionen: Altes Antidepressivum kann neuen überlgen sein

Ergebnis: Remission wurde von 71,4 Prozent der Patienten mit Imipramin und von 39,3 Prozent der Patienten mit Kombinationstherapie (Venlafaxin plus Mirtazapin) erreicht. Depressionen: Ein altes Antidepressivum kann neuen folglich überlegen sein. Die Symptom-Reduktion betrug 76,9 versus 50,7 Prozent Beide Behandlungen waren gut verträglich. Es traten zwei Behandlungsabbrüche in der Imipramingruppe aufgrund von Nebenwirkungen auf.

Schlussfolgerungen: Nach erfolgloser Venlafaxin-Monotherapie ist die Kombination von Venlafaxin und Mirtazapin in ausreichender antidepressiver Dosierung als Zweitschrittstrategie bei mindestens mittelschwerer Depression weniger wirksam als die Umstellung auf spiegeladaptiertes Imipramin.

Beide Therapieansätze gut untersucht

Die Studie erschien in dem Fachmagazin Info Neurologie & Psychiatrie. Es handele sich um die erste Studie, in der neue und alte Wirkstoffe derart miteinander verglichen wurden, schreiben die Autoren Erika Valle und Prof. Tom Bschor. Bschor ist Chefarzt der Psychiatrie in der Berliner Schlosspark-Klinik, Valle gehört dort zum Ärzteteam.

Jede Therapiestrategie für sich genommen sei in der Literatur gut untersucht. In einer Metaanalyse zeigte Amitriptylin als näherer Verwandter von Imipramin die beste Wirksamkeit unter allen 21 untersuchten Antidepressiva (Imipramin wurde leider nicht analysiert). Andererseits stellt die Kombination aus einem Wiederaufnahmehemmer (wie Venlafaxin) und einem α2-Rezeptorblocker (wie Mirtazapin) den einzigen Antidepressiva-Kombinationstyp dar, der einer systematischen Metaanalyse zufolge wirksamer ist als eine Monotherapie mit nur einem der beiden Kombinationspartner.

Wieder mehr TZA in klinischer Praxis erpoben

Die Anwendung trizyklischer Antidepressiva (TZA) hatte nach der Einführung moderner Präparate in den 1990er-Jahren abgenommen. Trotzdem werden diese weiterhin auch als Antidepressiva der ersten Wahl empfohlen. Obwohl die Patientenanzahl nicht sehr groß war und die Qualität suboptimal, stellt die aktuelle Studie einen weiteren Beweis für die gute Wirksamkeit und Verträglichkeit eines TZA dar und soll daher ermuntern, damit in der klinischen Praxis wieder mehr Erfahrung zu sammeln, so das Fazit der Autorem.

Foto: joyfotoliakid/adobe.com

Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Antidepressiva

Weitere Nachrichten zum Thema Antidepressiva

19.09.2020

Das Online-Programm iFightDepression der Deutschen Depressionshilfe scheint wirksam zu sein. Eine aktuelle Studie zeigt, dass die Teilnehmer ihre depressive Symptomatik damit von mittelgradig auf leicht verbessern konnten. Voraussetzung ist allerdings, dass die Selbsttherapie professionell begleitet wird.

Aktuelle Nachrichten

Mehr zum Thema
Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Kliniken
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin