Ketamin als Mittel gegen Depressionen in USA zugelassen

Ketamin ist in den USA jetzt zur Behandlung von schweren Depressionen zugelassen - als Nasenspray – Foto: ©Zerbor - stock.adobe.com
Ein auch als Partydroge bekannter Wirkstoff ist in den USA jetzt zur Behandlung von schweren Depressionen zugelassen: Ketamin. Die Arznei wird als Nasenspray verabreicht und unter dem Handelsnamen Spravato vertrieben. Es soll in Verbindung mit einem oralen Antidepressivum gegeben werden.
Das Spray enthält Ketamin enantiomerenrein in seiner (S)-Form als Esketamin. Ketamin wurde erstmals in den 1960er-Jahren künstlich hergestellt. Die Substanz wird seit langem als Narkose- und Schmerzmittel eingesetzt, aber auch als Rauschdroge benutzt ("Special K").
Depressionen, die nicht auf Behandlung ansprechen
Zugelassen ist das Ketamin für erwachsene Patienten, die an einer behandlungsresistenten Depression leiden. Das heißt, sie befinden sich in einer anhaltend schweren depressiven Episode, haben bereits mindestens zwei antidepressive Behandlungen in ausreichender Dosierung über einen angemessenen Zeitraum erhalten und sprachen nicht auf die Behandlung an.
Die Wirksamkeit des Ketamin-Sprays wurde in drei klinischen Kurzstudien (vier Wochen) und einer längerfristigen Wirkungserhaltungsstudie bewertet. In den drei Kurzzeitstudien erhielten die Patienten Spravato oder ein Placebo-Nasenspray. In Anbetracht der Schwere ihrer Depression und der Notwendigkeit, auf jeden Fall irgendeine Form der Behandlung zu erhalten, wurde bei allen Patienten zugleich ein neues orales Antidepressivum eingesetzt.
Ketamin-Nasenspray bei Depressionen verlängert gesunde Phase
Geschaut wurde nun nach Veränderungen der depressiven Symptome. In einer der Kurzzeitstudien zeigte Spravato-Nasenspray im Vergleich zum Placebo innerhalb von zwei Tagen einen statistisch signifikanten Effekt.
Patienten, bei denen das Ketamin-Nasenspray plus einem oralen Antidepressivum gegen Depressionen gute Erfolge zeigte und die die Behandlung über 52 Wochen fortsetzten, erlebten eine statistisch signifikant längere gesunde Phase bis zur Rückkehr depressiver Symptome als die Patienten mit Placebo-Nasenspray plus einem oralen Antidepressivum.
Nebenwirkung Benommenheit und Bewusstseinsspaltung
Die häufigsten Nebenwirkungen der Spravato-Gabe waren Bewusstseinsspaltung (Dissoziation), Schwindel, Übelkeit, Benommenheit, verminderte Berührungs-Empfindlichkeit (Hypoästhesie), Angstzustände, Lethargie, erhöhter Blutdruck und Erbrechen.
Aufgrund des Risikos schwerwiegender nachteiliger Folgen und der Gefahr des potenziellen Missbrauchs oder Abhängigkeit ist das Ketamin-Spray in den USA nur eingeschränkt erhältlich und darf nur in einer zertifizierten Gesundheitseinrichtung oder Praxis verabreicht werden.
Patienten werden im Anschluss zwei Stunden überwacht
Die Patienten müssen mindestens zwei Stunden nach der Spravato-Dosis von einem Arzt überwacht werden. Sie dürfen für den Rest des Tages kein Auto fahren oder schwere Maschinen bedienen. Ketamin kann Aufmerksamkeit, Urteilsvermögen, Denken, Reaktionsgeschwindigkeit und motorische Fähigkeiten beeinträchtigen.
Die Spravato-Verpackung enthält außerdem eine deutlich markierte Warnung, dass das Medikament die Suizidgefahr erhöhen könnte. Nicht angezeigt ist das Ketamin-Spray für Patienten mit instabilem oder schlecht kontrolliertem Bluthochdruck oder aneurysmatischen Gefäßerkrankungen. Spravato kann Fötusschäden verursachen und ist für schwangere oder stillende Frauen nicht geeignet.
Zulassung für Ketamin-Spray in Europa beantragt
Esketamin dockt an Glutamat-Rezeptoren an und soll helfen, gestörte synaptische Verbindungen im Gehirn von Patienten mit schweren Depressionen wiederherzustellen, schreibt die Pharmazeutische Zeitung.
Laut des Herstellers Janssen handele es sich bei dem Ketamin-Spray um den ersten Arzneistoff mit neuem Wirkmechanismus für die Indikation Depression seit 30 Jahren. Während herkömmliche Antidepressiva in der Regel erst nach zwei bis vier Wochen richtig wirken, soll Esketamin deutlich schneller die Symptome verbessern. Die Nebenwirkungen seien vorübergehend und ließen noch am selben Tag nach. Auch bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMA hat der Mutterkonzern Johnson & Johnson bereits einen Zulassungsantrag gestellt.
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