Dank Corona-Regeln: Weniger Atemwegserkrankungen

Lästig, aber offenbar wirksam: Die AHA-Regeln der Corona-Pandemie schützen messbar schon gegen ganz normale Atemwegserkrankungen. Das zeigt einer Analyse der Barmer zu Beginn der Erkältungssaison 2020/2021. – Foto: ©Photoboyko - stock.adobe.com
Erwachsene bekommen im Durchschnitt zwei bis vier Erkältungen pro Jahr, meist in der kalten Jahreszeit. Kinder erwischt es sogar sechs bis zehnmal im Jahr. Sie bringen die Viren aus der Schule oder Kita mit nach Hause. Schon vor der Corona-Pandemie empfahlen Gesundheitsratgeber deshalb Verhaltensweisen, die jetzt als „AHA-Regeln“ für viele wie neu erfunden klingen: Abstand halten, Menschenmengen meiden, regelmäßig Räume lüften und sich die Hände waschen, in Bus oder U-Bahn einen Schal vor den Mund. Dass diese Regeln durch den Druck der Pandemie jetzt disziplinierter eingehalten werden, hat offenbar einen positiven Nebeneffekt: Zumindest bei ihren Versicherten registriert die Barmer weniger Krankschreibungen aufgrund von ganz normalen Atemwegserkrankungen als im Herbst ein Jahr zuvor.
Anfang Herbst: Deutliche Abweichungen im Vergleich zu 2019
Schon beim Übergang vom Sommer in den Herbst steigen Atemwegserkrankungen erfahrungsgemäß an. Das ist in diesem Jahr nicht anders. Was aber anders ist: Anstieg und Anzahl der Betroffenen fallen im Vergleich zum Vorjahr deutlich geringer aus. Das belegt eine aktuelle Analyse der Barmer. Demnach stieg vor einem Jahr von Mitte August bis Anfang Oktober die Zahl der krankgeschriebenen Barmer-Versicherten um 33.439 auf insgesamt 57.613. Das entsprach einem Plus von 138 Prozent. In diesem Jahr, 2020, liegt der Zuwachs hingegen bei 101 Prozent (plus 18.975 auf insgesamt 37.777). Diese deutlichen Abweichungen könnten allein durch unterschiedliche Witterungsbedingungen nicht erklärt werden, heißt es bei der Barmer.
Barmer-Chef: „Die AHA-Regeln wirken nachweislich“
Der Vorstandsvorsitzende der Barmer, Christoph Straub, sieht in diesen Zahlen über die Atemwegserkrankungen an sich auch eine gute Nachricht für den möglichen Weiterverlauf der Corona-Pandemie, denn sie zeigten: „Die AHA-Regeln wirken nachweislich. Das ist kurz nach dem Beginn des zweiten Lockdowns eine wichtige Botschaft.“ Diese gute Nachricht sei angesichts der Dramatik der aktuellen zweiten Welle aber auch eine Verpflichtung: Jeder Einzelne könne und müsse etwas tun, um die sich zuspitzende Pandemie in den Griff zu bekommen, sagt Straub. Rücksichtnahme, Verantwortung und Disziplin seien nun das Gebot der Stunde. „Die AHA-Regeln sollten alle Bürgerinnen und Bürger ohne Wenn und Aber einhalten. So leistet jeder einen Beitrag, die Zahl der Atemwegserkrankungen und damit auch das Corona-Risiko zu reduzieren.“
AHA-Regel: Infektionsschutz auch jenseits von Corona
Die sogenannte AHA-Formel für den Infektionsschutz in Corona-Zeiten steht für folgende Regeln: Abstand halten, Hygiene beachten und Alltagsmaske (Mund-Nasen-Bedeckung) tragen. In der kalten Jahreszeit mit einem vermehrten Aufenthalt in geschlossenen Räumen findet sie Ergänzung durch den Buchstaben L für „regelmäßiges Lüften“, mit dem Ziel, die Keimbelastung in der Atemluft zu senken. Ein zusätzliches C soll an die Corona-Warn-App erinnern, die Nutzer über Kontakte zu infizierten Personen informiert. Ergebnis ist die – inzwischen erweiterte – AHA+L+C-Regel.
Regionale Unterschiede bei den Atemwegserkrankungen
Die Barmer-Analyse zeigt deutliche regionale Unterschiede bei der Zahl der Atemwegserkrankten. Die meisten Krankschreibungen wegen Atemwegserkrankungen gab es im Süden der ostdeutschen Bundesländer: So waren Anfang Oktober in Sachsen-Anhalt 12,1 von 1.000 Versicherten krankgeschrieben – der höchste Wert deutschlandweit. Dahinter folgen Sachsen mit einem Wert von 11,7 und Thüringen mit 11,5. Die wenigsten Arbeitsunfähigkeiten gab es in den norddeutschen Ländern Hamburg (7,2 pro 1.000 Versicherte), Schleswig-Holstein (8,1) und Mecklenburg-Vorpommern (8,4).
Auch die Steigerungsraten sind regional sehr unterschiedlich. In Mecklenburg-Vorpommern stieg die Zahl der krankgeschriebenen Versicherten im Untersuchungszeitraum August bis Oktober um lediglich 15 Prozent. In Baden-Württemberg dagegen waren es 158 Prozent, in Sachsen 160 und in Bremen sogar 215 Prozent.
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