Bluttests: Oft weder medizinisch sinnvoll noch aussagekräftig

Bluttests liefern wichtige Informationen zur Diagnose vieler Krankheiten. Viele Tests seien jedoch unnötig, sagen Experten. – Foto: AdobeStock/angellodeco
Leukozyten, Erythrozyten, Thrombozyten: Das sind typische Werte, die beim „Blutbild“ untersucht werden, einer standardisierten Zusammenstellung wichtiger Blutwerte, die dem Arzt viel darüber verraten, wie gesund oder krank die Vorgänge sind, die sich im Inneren unseres Körpers im Moment abspielen. Die Leukozyten zum Beispiel, die weißen Blutkörperchen, sind Teil der Immunabwehr. Sind sie erhöht, deutet das auf Entzündungen, Allergien oder Gicht hin – bei sehr hohen Werten sogar auf Leukämie. Die Erythrozyten (Rote Blutkörperchen) transportieren Sauerstoff zu Organen. Sie sind zum Beispiel erhöht bei Stress und vermindert bei Blutarmut, etwa aufgrund von Eisenmangel. Die Thrombozyten schließlich sind ein wichtiger Faktor bei der Blutgerinnung. Ist dieser Wert zu hoch, kann das auf rheumatische Arthritis hindeuten oder chronisch-entzündliche Darmerkrankungen. Und es besteht eine erhöhte Gefahr von Blutgerinnseln.
Blutuntersuchungen: Teil des allgemeinen Gesundheits-Checks
Ärzte setzen Bluttests bei vielen Gelegenheiten ein, um den Verdacht auf bestimmte Krankheiten zu erhärten – oder auch zu entkräften. Auch der allgemeine Gesundheitscheck zur Früherkennung von Krankheiten beinhaltet Blutanalysen. Für viele Laborwerte gibt es einen definierten Normbereich. Abweichungen können auf bestimmte Erkrankungen hindeuten. Viele Bluttests, die gemacht werden, sind aber offenbar weder nötig noch sinnvoll. „Bluttests erfolgen nicht selten ohne guten medizinischen Grund“, heißt es in der aktuellen Ausgabe des Gesundheitsmagazins „Apotheken Umschau". Andere häufig durchgeführte Tests hätten zudem „wenig Aussagekraft“.
Corona: Antikörper sagen wenig über die Covid-19-Abwehr aus
Bluttests sollten nur durchgeführt werden, wenn sie in der jeweiligen Situation einen Sinn ergeben, mahnen Experten. Als Beispiel für fragwürdige Blutuntersuchungen nennt das Magazin zum Beispiel die etwas in Mode gekommene und von vielen Patienten gewünschte Überprüfung des Vitamin-D-Spiegels – hier gebe es eine „Überversorgung“. Aktuell ließen sich übrigens viele Menschen auch auf Antikörper gegen Coronaviren testen. Tatsache sei allerdings, „dass die Ergebnisse eines derartigen Bluttests wenig über die Abwehrkräfte gegen eine Covid-19-Erkrankung aussagen“.
Zecken-Krankheit Borreliose: Das Gegenteil vom Testergebnis kann stimmen
Eine gutes Beispiel für die – manchmal nur relative – die Aussagekraft von Blutuntersuchungen ist Experten zufolge der Test auf Antikörper bei Verdacht auf Borreliose. Ein positiver Befund bedeutet nicht, dass man die durch Zecken übertragene bakterielle Infektionskrankheit wirklich hat. Weil beispielsweise Syphilis-Erreger ähnlich aufgebaut sind wie die von Borreliose, kann ein Test die Zecken-Krankheit anzeigen, obwohl in Wahrheit eine Geschlechtskrankheit vorliegt – beide Erreger zählen zu den „Schrauben-Bakterien“. Auch bestimmte Virusinfektionen wie Hepatitis, Windpocken oder Gürtelrose) sowie manche Autoimmunerkrankungen können hier falsch-positive Ergebnisse verursachen. „Die Antikörper allein haben keinerlei Aussagekraft“, schreibt die Apotheken Umschau. „Denn sie können jahrzehntelang im Blut nachweisbar bleiben – oft nach einer Infektion, von der die Betroffenen nicht einmal etwas bemerkt haben.“
Ein negativer Befund bedeutet umgekehrt keine echte Entwarnung. Erst Wochen nach einem Zeckenstich bildet das Immunsystem Antikörper, die eine Ansteckung anzeigen können. Zum Zeitpunkt des charakteristischen Hautausschlags (auch „Wanderröte" genannt) kann der Borreliose-Test deshalb noch negativ sein (in etwa der Hälfte der Fälle ist das so). Bei manchen Menschen produziert das Immunsystem außerdem von Natur aus kaum Antikörper gegen Borrelien oder gar keine, auch wenn ein Kontakt zu ihnen stattgefunden hat.